Kirche in Baasdorf Kirche in Baasdorf: Erste Hochzeit seit 40 Jahren

Baasdorf - Die Türen sind weit geöffnet. Das Licht der Kerzen fackelt im teils kräftigen Windzug, doch keine einzige geht aus. Pfarrer Horst Leischner tritt vor die Tür und bittet die Gesellschaft, die noch die herrliche Nachmittagssonne genießt, allmählich hinein zu kommen.
„Jetzt geht schon“, drängelt die Braut und wartet am Rande des Kirchgartens, bis sie schließlich in ihrem engen weißen Kleid die großformatigen, frisch verlegten Sandsteinplatten zum Portal der Baasdorfer Kirche schreitet.
Erste Hochzeit in Baasdorfer Kirche seit 40 Jahren
Es ist die erste Hochzeit hier seit vier Jahrzehnten. 1977, erinnert der Pfarrer, sei es Eveline Mogwitz gewesen, Tochter eines alt eingesessenen Baasdorfer Bauerngeschlechts, die Ja sagte.
Und am 31. Mai vor 59 Jahren ließen sich in Baasdorf die Eltern von Dirk Gast, dem Bräutigam, trauen. Und nun traut er sich - und heiratet seine Cynthia, eine geborene Schlägel.
Es bedeutet dem Paar „wahnsinnig viel“, ausgerechnet an diesem Ort kirchlich getraut zu werden. Es war sein Wunsch, erzählt er nach der Trauung, und ihrer auch.
In der Disco in Calbe kennengelernt
Die beiden lieben sich seit 20 Jahren. In der Disco in Calbe lernen sie sich kennen, gefunkt habe es letztlich am 9. April 1998: Er sei bei Cynthia gewesen und einfach nicht mehr gegangen, wie des Pfarrers Schilderungen zu entnehmen ist.
Eine Episode aus dem Leben der Beiden, die vielen Gästen der Hochzeitsgesellschaft nicht neu sein dürfte. Im Jahr 2000 kommt Robin zur Welt. Das Paar lebt in Magdeburg und zieht 2011 nach Baasdorf, in seine Heimat, sein Elternhaus.
Antrag im Urlaub auf Sri Lanka
Nur getraut haben sie sich all die Jahre nie, den Bund fürs Leben zu schließen. Erst will sie nicht heiraten („ich bin ein Scheidungskind“, fügt sie erklärend hinzu), später er nicht.
Bis 2015. Bis zu ihrem Urlaub auf Sri Lanka, einer Insel im Indischen Ozean. Wie während des Traugottesdienstes geschildert wird, soll er eine komplette DIN A4-Seite beschrieben, aber nur einen einzigen Satz herausgebracht haben, um seiner Cynthia den Antrag zu machen.
Unter einem Vorwand, heißt es weiter, sei sie an den Strand gelockt worden; „ein fantastischer Sonnenuntergang“ habe das Paar an diesem Abend begleitet, an dem Abend, als er sich schließlich doch traut - und fragt. Robin, der Sohn der Beiden, ist dabei und macht Fotos. „Da konnte ich nicht nein sagen“, wird die Braut zitiert.
Auch verstorbene Eltern heirateten am 31. Mai in Baasdorf
Schon damals, schon auf Sri Lanka, habe festgestanden, wo man heiraten wird: in der Baasdorfer Kirche. Und bald steht auch fest, dass es der 31. Mai sein soll.
Jener Tag, als sich Dirk Gasts Eltern, die mittlerweile verstorben sind, hier das Ja-Wort gaben. Kerstin Mädchen, die Schwester des Bräutigams, findet das sehr rührend.
Zumal sie als Vorsitzende des Gemeindekirchenrates auch auf besondere Weise mit der Kirche und deren Sanierung verbunden ist.
Tattoo der Baasdorfer Kirche
Bereits die Eltern haben, wie der Pfarrer erinnert, „für ihre Baasdorfer Kirche gelebt und sich eingesetzt“. Wie auch ihre Kinder Kerstin und Dirk. „Euer Einsatz“, betont Horst Leischner, „hat etwas bewegt.“
Und alle könnten es sehen. Was an diesem Tag - zumindest in der Kirche - verborgen bleibt, ist sein Tattoo der Baasdorfer Kirche auf dem Oberarm. „Diese Verbundenheit“, sagt Horst Leischner, „hat mich beeindruckt.“
Schlicht und perfekt
Das Paar gestaltet seinen Tag betont schlicht. Weiße Margeriten, weiße Schleifen an den Stühlen und den Balken der Empore, weiße Kerzen.
Und ein Brautstrauß in weiß. „Es ist einfach perfekt“, sagt sie. „Unser Pfarrer“, schickt er, Dirk Gast, hinterher, „hat sich heute selbst übertroffen.“ (mz)
Ein besonderes Geschenk für einen besonderen Anlass. Wie Anja Sohn vom Baasdorfer Gemeindekirchenrat berichtet, habe man während der Arbeiten in der Kirche und deren Umfeld ein in Stein gemeißeltes Dokument Martin Luthers entdeckt: einen Trauschein.
Sofort sei man auf die Idee gekommen, diesen außergewöhnlichen Fund als Geschenk für die bevorstehende Feierlichkeit zu nutzen. Luthers Zeilen boten schließlich die Vorlage für eine gezeichnete Kopie des Originals, die ein Mitarbeiter des Bräutigams auf Wunsch des Gemeindekirchenrates für die Eheleute angefertigt hatte.
Als Erinnerung an ihre Hochzeit haben die frisch Vermählten nun ihren ganz persönlichen Trauschein nach Lutherischem Vorbild. Als Bild, das zweifelsohne einen Ehrenplatz in ihrem Zuhause finden wird.
Ein ähnlich zauberhaftes Geschenk bereitete der Pfarrer den Eheleuten: Schließlich ziert ein Herz den Titel des aktuellen Kirchenboten „Evangelisch in Köthen“.
Ein passendes Symbol für diesen Tag, diesen Anlass. Auch wenn Horst Leischner gestehen musste, dass das Herz auf dem Boten streng genommen dem Jahresfest des Heinrichshauses Großpaschleben gewidmet sei ... (mz/her)