Kaum Begeisterung für Fleischer-Job
KÖTHEN/MZ. - "Ich will Tierarzthelferin werden", erzählte sie. Da eine klare Berufsvorstellung jedoch nicht immer der Fall ist, fanden an der "Völkerfreundschaft" zwei Berufsfindungstage statt. Acht- und Neuntklässler der Sekundarschule lernten dabei potentielle Arbeitgeber kennen. "Wir wollen die Schüler wach rütteln", so die Lehrerin Cornelia Stork. Sie hatte die Organisation der berufsorientierten Veranstaltung in die Hand genommen.
Nach einer Informationsveranstaltung zum Thema Bewerbung, zu der die Krankenkassen AOK und Barmer am Montag eingeladen hatten, ging es am Dienstag in die Unternehmen. In Begleitung eines Lehrers waren die Schüler in kleinen Gruppen unterwegs. Neben der Köthener Fleisch- und Wurstwaren GmbH öffneten die Sparkasse, das Seniorenpflegezentrum "Rosenhain", Metallbau Röder, VKK Standardkessel sowie das Hotel "Stadt Köthen" ihre Türen. Jeder Schüler besuchte zwei Stationen.
Ausbildungsmeister Matthias Höhne informierte über das Berufsbild des Fleischers. "Die Aufgaben sind je nach Beschäftigungsbetrieb unterschiedlich", erklärte der Mitarbeiter der Köthener Fleisch- und Wurstwaren GmbH. Er erläuterte die Inhalte der dreijährigen Ausbildung, zu denen unter anderem das Zerlegen von Schlachtkörpern, Warenverpackung und -kennzeichnung sowie Verkaufs- und Beratungsgespräche gehören.
In jedem Jahr stellt das Unternehmen vier bis fünf Ausbildungsplätze zum Fleischer zur Verfügung. Ausreichende Kenntnisse in Mathematik und durchschnittliche Leistungen im Deutschunterricht sind für eine erfolgreiche Bewerbung notwendig. Besonders wichtig, so Matthias Höhne, sei auch der erste Eindruck beim Bewerbungsgespräch. "Der lässt manchmal ganz schön zu wünschen übrig", bedauerte der Ausbildungsleiter.
Das zeigte sich auch beim während seines Vortrages. Die Aufmerksamkeit einiger Schüler tendierte gegen Null. Beim Rundgang durch die Produktionshallen war es nicht besser. Wegwerfkittel, Kopfhaube und Schuhüberzieher, die aus Hygienegründen Pflicht sind, waren für die Jungen Anlass zur Belustigung. Ausbildungsmeister Harald Höhne konnte da nur mit dem Kopf schütteln. Keiner der acht Schüler der ersten Besichtigungsgruppe hatte Interesse an der Ausbildung zum Fleischer. Beim Unternehmen VKK Standardkessel sah es da schon etwas anders aus. Aufmerksam lauschten die vier Jungen den Worten von Andreas Schuhmann. "Das Blech wird hier zurecht geschnitten und wird dann in der Walze rund gemacht", erklärte der Arbeitsverteilungsleiter in einer der Produktionshallen.
Am Ort des Geschehens ging er auf die einzelnen Fertigungsschritte der Kessel ein, von denen jährlich bis zu 80 Stück in der Köthener Anlage hergestellt werden. Schlosser, Schweißer und Vorrichter sind in den Hallen am Werk. "Es ist wichtig, im Team zu arbeiten", betonte Andreas Schumann. Die Kessel werden unter anderem nach China, Mexiko und Russland geliefert.
"Für mich war viel Wissenswertes dabei", lobte Lehrer Norbert Schlick die Ausführungen. Auch die Schüler waren interessiert und stellten Fragen. Der 15-jährige Bastian kann sich sogar vorstellen, eine Ausbildung in der Firma zu beginnen. So etwas hört Andreas Schuhmann gern. "Man muss als Unternehmen für Nachwuchs sorgen", betonte der Mitarbeiter von Standardkessel. Gleichzeitig verdeutlichte er, dass gute Zensuren ein wichtiges Bewerbungskriterium seien. Auch erste Erfahrungen würden sich als Vorteil erweisen. "Es macht sich gut, wenn man vorher ein Praktikum gemacht hat", gab Andreas Schuhmann den Schülern mit auf den Weg.
Vor einigen Tagen wurde die "Völkerfreundschaft" mit dem Zertifikat "Berufswahl-Siegel Sachsen-Anhalt - Schule mit vorbildlicher Berufswahlorientierung" ausgezeichnet. Vier der zehn Schulen, die sich im Bezirk Halle-Dessau beworben hatten, konnten die Ehrung entgegen nehmen.