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Digitale Bildung Gemeinsam gegen Gewalt im Netz: Projekt gegen Cybermobbing in Köthen

Nacktfotos, Erpressungen, Betrug: Wie umgehen mit Mobbing im Netz? Diese Frage war das Thema eines Workshops an der Sekundarschule Völkerfreundschaft.

Von Jakob Milzner 27.05.2022, 17:50
Jannik Liebl (links) im Gespräch mit Schülerinnen und Schülern der Sekundarschule Völkerfreundschaft in Köthen.
Jannik Liebl (links) im Gespräch mit Schülerinnen und Schülern der Sekundarschule Völkerfreundschaft in Köthen. Foto: Knut Licina

Köthen/MZ - Mobbing findet unter Kindern und Jugendlichen schon lange nicht mehr nur auf dem Schulhof statt. Denn wie so viele Lebensbereiche, haben auch Ausgrenzung, Schikane und andere Formen der psychischen Gewalt den Schritt in die digitale Sphäre genommen. Rund 51 Prozent der 14- bis 17-Jährigen in Deutschland haben bereits Erfahrungen mit Cybermobbing gemacht – das zeigte jüngst eine Studie des Sinus-Instituts im Auftrag der Barmer Krankenkasse.

Instagram, Tik Tok, Snapchat: Kinder nutzen im Internet vor allem die sozialen Medien

„Tatsächlich ist das Teil des Alltags geworden. Sie leben mit so etwas schon seit Jahren“, sagt Jannik Liebl. Der 22-jährige Student hat mit Lilly Härtig, Linus Walter und Laura Westhoff vom Verein „Umgedacht“ einen Workshop an der Köthener Sekundarschule „Völkerfreundschaft“ durchgeführt mit dem Ziel, Jugendliche und Lehrkräfte für digitale Gewalt zu sensibilisieren und Wege aufzuzeigen, wie man sich wehren kann. Finanziert hat das die Initiative „Demokratie leben!“ vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

„Was ist das Internet für Kinder?“ Diese Frage habe am Anfang der Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern in Köthen gestanden, berichtet Liebl. Dabei sei deutlich geworden, dass die Kinder im Internet vor allem soziale Netzwerke nutzen, zuallererst Instagram, Tik Tok und Snapchat.

Viele Schülerinnen und Schüler in Köthen mussten bereits Erfahrungen mit digitaler Gewalt machen

Gemeinsam hätten sie dann potenzielle Gefahrenquellen im Internet identifiziert. Unterscheiden ließen sich dabei technische Gefahren – beispielsweise durch Schadsoftware –, strukturelle Gefahren – etwa Betrug und Pädophilie – sowie interpersonelle Gefahren. Gemeint ist mit letzterem vor allem eins: Mobbing.

Im Laufe des Workshops habe sich gezeigt, dass viele der Schülerinnen und Schüler bereits Erfahrungen mit digitaler Gewalt machen mussten, berichtet Jannik Liebl. Von Nacktfotos, die diesen geschickt wurden, über Identitätsdiebstahl bis hin zu Erpressungen habe die Spannbreite der Geschichten gereicht, die er von den Jugendlichen gehört habe. „Das hat für mich persönlich auch die Relevanz dieses Themas aufgezeigt“, sagt Liebl.

Gegen Cybermobbing in Köthen: Gemeinsam Klassenvereinbarung mit Regeln erarbeitet

Ein wichtiger Teil der Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern habe dann darin bestanden, erzählt er weiter, dass sich diese Mobbing-Situationen ausdachten und vor der Klasse nachspielten. „Kinder sind fies“, sagt Liebl; in diesen Rollenspielen seien teilweise „Beleidigungen gefallen, die würden uns im Traum nicht einfallen“, darunter auch rassistische und sexistische Anfeindungen.

Anschließend hätten sich die Gruppen der Analyse gewidmet, berichtet der 22-Jährige: Wer war Opfer, wer Täter, Mitläufer oder Beobachter? Und vor allem: Was könnte man anders machen? „Wir haben dann Klassenvereinbarungen erarbeitet mit Regeln“, berichtet Liebl – Regeln, die einen respektvollen Umgang im Netz ermöglichen sollen.

In dieser Klasse werden keine Personen ohne ihre Erlaubnis gefilmt, fotografiert oder in einem Livestream gezeigt.

Klassenvereinbarung der 6b an der Sekundarschule Völkerfreundschaft in Köthen

Ein Beispiel: „In dieser Klasse werden keine Personen ohne ihre Erlaubnis gefilmt, fotografiert oder in einem Livestream gezeigt“ – so hat es sich die Klasse 6b verordnet.

Und wenn diese Regeln einmal versagen? Für diese Situation hat Jannik Liebl eine klare Empfehlung: „Am wichtigsten: Sprich mit Personen. Freunde, Eltern, Lehrer, Schulsozialarbeiter, bis hin zur Polizei.“ Ähnliches rät er den Eltern: „Sprecht mit euren Kindern, was sie im Netz so machen.“ Auch sollten Eltern „offen und ehrlich über eigene Erfahrungen sprechen“, sagt er, denn: „Eltern waren auch mal Kinder.“