Ein Lied, das Kindern Mut macht
KÖTHEN/MZ. - Michelle Tomalak, Stefanie Rost und ihre Schwester Franziska waren am Dienstag im Köthener Jugendzentrum Popcorn ganz Ohr. Der Musiker und Produzent Eric Hager hatte eine CD eingelegt, und sie hörten sich zum ersten Mal selbst singen, begleitetvon Schlagzeug, Bass, Gitarre und Keyboard.
Kaum waren die ersten Takte erklungen, sangen die Mädchen das "Kindermutmachlied", das sie unzählige Male geübt und schließlich für die CD aufgenommen hatten, laut mit: "Wenn einer sagt: Ich mag dich, du, ich find' dich ehrlich gut. Dann krieg' ich eine Gänsehaut und auch ein bisschen Mut."
"Ich war ganz schön aufgeregt, aber es hat auch Spaß gemacht", erzählt Michelle Tomalak von den Aufnahmen, für die Eric Hager ein mobiles Tonstudio mit in den Jugendtreff gebracht hatte. "Aber ich hätte nicht gedacht, dass man dafür so oft üben muss", bemerkte das Mädchen. Die Proben und die Aufnahmen seien so ganz anders gewesen, als sie das bei "Deutschland sucht den Superstar" gesehen hat. Dass die CD trotz so mancher geschwänzten Probe schließlich doch zustande kam, war neben Eric Hagers technischen Finessen auch der stimmlichen Unterstützung der britischen Sängerin Madge Conacher zu verdanken, die in Köthen lebt.
Doch wie kommt man in einem Jugendtreff darauf, eine CD zu produzieren? Angefangen habe alles im Sommer 2009 am Akazienteich in Aken, berichtet Michelle. Dort hat der von der Diakonie betriebene Jugendtreff Popcorn ein Zeltlager veranstaltet. Eines Abends am Lagerfeuer griff Pfarrer Horst Leischner zur Gitarre und sang einige Lieder, die er aus der evangelischen Jugendarbeit kennt. Eines davon, das "Kindermutmachlied" von Detlev Jöcker, ging den Mädchen und Jungen von da an nicht mehr aus dem Sinn. Als sie es schließlich sogar nach der Rückkehr im Jugendtreff weiter sangen, kam Eric Hager von der Köthener Gruppe Magic Minds auf die Idee: "Wir nehmen das auf." Hager veranstaltet zusammen mit Madge Conacher im Popcorn wöchentlich einen Workshop, bei dem die Besucher kostenlos ein Instrument erlernen können.
Alle waren begeistert von der Idee des Musikers und wollten bei der CD mitmachen. Als sich dann aber herausstellte, dass man für so einen professionell produzierten Tonträger lange üben und auch regelmäßig und pünktlich zu den Proben kommen muss, wurden aus den anfangs 30 Sängerinnen und Sängern auf einmal 20, dann 15, dann zehn . . . Bei den Aufnahmen standen zum Schluss schließlich nur noch Michelle Tomalak mit ihrem Bruder Justin, Franziska Rost mit ihrer Schwester Stefanie sowie Virgina Pass an den Mikrofonen.
Weil ein Titel für so eine CD etwas wenig ist, hatte Eric Hager für die Kinder noch den Hit "Marmor, Stein und Eisen bricht" von Drafi Deutscher arrangiert sowie das Lied "Guten Morgen, Guten Tag", die nun auch darauf zu hören sind. Abgemischt hat er die Lieder im "Green Light Studio" der Gruppe "Magic Minds".
"Vom Fernsehen werden die Kinder doch nur veräppelt", schimpft Eric Hager. Bei diversen Casting-Shows würden sie davon überzeugt, dass man sich nur auf eine Bühne stellen und nach "Plastik-Musik" lossingen brauche. "Hier im Jugendtreff Popcorn lernen sie, welchen Wert selbst gemachte Musik hat und dass es dabei um Ausdauer und Durchhaltevermögen geht", äußert der Künstler, der viele Jahre in London gelebt hat. Wenn die Kinder und Jugendlichen ein Instrument erlernen und gemeinsam musizieren, fördere das den Gemeinschaftssinn, und sie kämen weniger auf dumme Gedanken, ist Hager überzeugt. Deshalb würde er das CD-Projekt mit den Besuchern von Popcorn gern weiterführen. "Ich hoffe, dass euch die CD anspornt, noch mehr zu üben", gab er bei deren Präsentation am Dienstag den jungen Mitwirkenden mit auf den Weg. Wer die CD "Pop im Popcorn" hören will, muss allerdings ins Jugendzentrum kommen; denn kaufen kann man sie nicht.