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Des Kaisers Postamt neu gekleidet

Von Raimund Leonhardt 17.10.2006, 17:11

Köthen/MZ. - Egal wie, hinter den dicken roten Backsteinmauern in der Lindenstraße, wirken immer noch Menschen, die heute keine Beamten mehr sind, sonder Angestellte: 43 Mitarbeiter zählt der ZSP, nur sechs von ihnen sind Männer. Sie alle beschäftigen sich mit dem Zustellen von Briefen und Paketen, wobei in Köthen der für Kunden wie Postler glückliche Zustand besteht, das Zusteller und Schalterfrauen in einem Gebäude untergebracht sind. Das spart lange Wege und erleichtert die unbürokratische Hand-in-Hand-Arbeit. Zum Beispiel, wenn ein Päckchen nicht übergeben werden konnte, weil niemand zu Hause war. Der Zusteller bringt es zurück in die Hauptpost, wo es sich der Kunde abholen kann, der in so einem Fall sogar angerufen wird, wie Anke Baumann, die für Sachsen-Anhalt zuständige Pressefrau der Deutsche Post AG in Berlin, versichert.

Die Post hat ihre Schalterhalle nach modernen Gesichtspunkten eingerichtet. Statt goldener Uniformknöpfe und engem Stehkragen tragen die Postler von heute flotte blaue Kostüme und ein schickes Tuch um den Hals. Es gibt eine Wartelinie, die die Intimität des Schaltergeschäftes absichert, was durchaus angebracht ist, denn immerhin bietet die Post auch Finanzdienstleistungen an und wer lässt sich schon gern in sein Postsparbuch gucken?

Wenn die Kunden kurze Momente vor dem Schalterbereich warten, dann umgeben sie Aufsteller mit allerlei bunten Karten und Angeboten, die unvermeidlich an den Supermarkt erinnern, dessen Kassenbereich ebenso zu letzten Einkäufen vor dem Bezahlen einlädt. Nur das es in der Kaufhalle eben Süßigkeiten oder Zigaretten sind, die in die Nähe des Wartenden rücken. Trotz allen Fortschritts, natürlich werden in der Köthener Hauptpost auch Handys verkauft, ist Computertechnik inklusive Überwachungskameras im Einsatz, finden sich immer noch Spuren der Vergangenheit. Da ist die große hölzerne Flügeltür, die im Bereich der Türgriffe recht abgegriffen ist von den vielen Kundenhänden. Was der Tür aber eine gewisse Würde und Altersweisheit verleiht: Seht, wer mich schon alles geschwungen hat, könnte sie denken.

Über der Tür findet der aufmerksame Beobachter noch eine runde Uhr an der Wand, die auch schon zu Zeiten des Kaiser Wilhelm geschlagen haben könnte. In der Halle wie auch hinten, im Arbeitsraum der Zusteller, fallen immer noch einige gußeiserne Säulen mit sparsamen Ornamenten auf, die vom beginnenden Jugenstil und dem Hang der Vorfahren zu Schnörkeln und verspielten Linien berichten. Die Rückseite der Post ist im Gegensatz zu ihrer Vorderseite, wie bei vielen anderen Dingen auch im Leben, spartanischer bestückt. Es fehlen Schnörkel, steinerne Blümchen und Bildchen oder Vorsprünge, die optisch Aufwerten, wie es heute die modernsten Fassadenelemente immer noch nicht schaffen. Die Hofseite liegt dunkelrot gebacksteint im Schatten. Hier parken die bekannten gelben Autos, wird einsortiert und beladen.

Dann steht da im Hintergrund eine Art Schuppen, an dem die Posthandwerker hin und wieder herumgefummelt und verändert haben. Mit etwas Phantasie ist aber eine Remise oder Stallgebäude für Pferd und Wagen zu erkennen. Die Reste eines Flaschenzuges lassen die Illusion entstehen, dass Postbeamte in blauen Uniformen Lasten nach oben ziehen, die auf Fuhrwerke verladen ihren Weg durch Köthen nehmen.

Glauben Sie nicht? Beim nächsten Besuch der Hauptpost in Köthen (ZSP) nutzen Sie einfach ihre kurze Warteschleife und beobachten die inneren Werte des (einstigen) Amtes. Wer weiß, vielleicht finden Sie noch mehr Einzelheiten aus der guten alten Zeit im modernen Kundenbetrieb mit dem gelben Posthorn.