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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Ein irrer Duft nach frischem Räucherfisch

Von WLADIMIR KLESCHTSCHOW 09.12.2010, 17:54

KÖTHEN/MZ. - Das Schild "Fischhaus-Rosenkranz" ist nicht groß und kann leicht übersehen werden. Was aber nicht unbemerkt bleibt, ist das Aroma. Der intensive Duft nach frischem Räucherfisch reicht bei der richtigen Windrichtung bis zur andere Straßenseite. In der Dessauer Straße in Köthen, kurz nach der Ortseinfahrt aus Richtung Porst, befindet sich linker Hand ein neues Fischgeschäft. Wer gern Fisch isst, braucht hier nur seiner Nase zu folgen, die ihn unfehlbar zum Verkaufsraum führt.

Das Geschäft wurde im Oktober eröffnet. Sein Besitzer, Reik Rosenkranz, hat sowohl aus beruflichen als auch aus lukullischen Gründen mit Fischen zu tun. Der 36-Jährige ist Diplom-Fischereiingenieur. Und isst für sein Leben gern Fisch - in allen möglichen gekochten, gebratenen, geräucherten Variationen.

Sich selbstständig zu machen verlangt eine gewisse Portion an Risikobereitschaft. Wer sich mit einem Fischladen selbstständig macht, muss doppelt so viel Mut haben. Immerhin machten derartige Läden im Osten in den Jahren nach der Wende einer nach dem anderen dicht. Zum Beispiel der letzte in der Schalaunischen Straße in Köthen. "Es rechnet sich nicht mehr", lautete damals die Begründung des Besitzers.

Reik Rosenkranz hat es gewagt. Und hat bereits die ersten guten Erfahrungen gemacht: Immer mehr Kunden kommen. "Die da waren, sind offenbar zufrieden, erzählen es anderen, und so bildet sich ein Kundenstamm", weiß Rosenkranz. Zuerst stellte er nur eine Verkäuferin ein, ab dem 1. Dezember sind es zwei. Beide waren zuvor arbeitslos. Katrin Luther und Annette Rostalski sind früher zwar Verkäuferinnen gewesen, aber nicht in einem Fischladen. Da mussten sie sich neu einarbeiten und haben es laut ihrem Chef gut hingekriegt.

Wie ist er aber selbst, der aus der Lausitz stammt, auf die Idee gekommen, in Köthen einen Fischladen aufzumachen? "Schon als Kind habe ich viel mit Fischen zu tun gehabt", berichtet Rosenkranz. "Ich angelte, zu Hause hatte ich ein Aquarium. Und in der Lausitz gibt es viele Fischereiunternehmen, die Karpfen züchten und verkaufen." So entschloss er sich nach dem Abitur, einen entsprechenden Beruf zu wählen. Ein Studium an der Humbold-Universität Berlin brachte den gewünschten Abschluss, ein Praktikum in einem Fischereibetrieb eine weitere Bestätigung, dass die Berufswahl richtig war.

Nach dem Studium arbeitete der Dipl.-Fischereiingenieur als Fischerei-Betriebsleiter in Cottbus. 2003 kam er nach Köthen, wurde Berater im Landesfischereiverband. Dann wurde er selbstständig. "Ich hatte schon meine Vorstellungen, lernte Betriebe kennen, die als Lieferanten in Frage kämen", schildert Rosenkranz. Er kaufte das Grundstück am Rande Köthens, auch einen angrenzenden, zwei Hektar großer Teich erwarb er.

Der Wechsel nach Köthen kam nicht zufällig: Der Lausitzer hatte eine junge Frau kennen gelernt, die aus Köthen stammte und Medizin studierte. Heute ist Julia Rosenkranz als Allgemeinmedizinerin tätig. Und was nicht unwichtig ist: Sie isst gern Fisch.

Damit hat sie etwas mit etlichen Menschen gemeinsam, die das "Fischhaus Rosenkranz" für sich entdeckt haben. Fisch geräuchert, Fischfilets, Heringssalat...Einige Spezialitäten gibt es nur hier, als eine besondere Eigenkreation des Fischhauses. Zum Beispiel die Heringsrolle, von der man Scheiben abschneiden und braten kann, ohne dass sie zerfallen. Oder eine andere Rolle - Karpfen-Schinken aus kalt geräuchertem Karpfen.

Geräuchert wird der Fisch übrigens direkt vor Ort, was für eine eingangs erwähnte Duftwerbung sorgt. Drei Räucherofen stehen draußen am Haus, der Chef bedient sie selbst. "Jede Fischart braucht ihre eigenen Räucherbedingungen", berichtet er. "Die hier sind gerade fertig geworden." Rosenkranz macht die Ofentür auf. Goldfarben hängen noch warme Lachsstückchen drin.

Einen Teil der Fische lässt sich das "Fischhaus Rosenkranz" anliefern, ein Teil kommt aus dem eigenen Teich. Karpfen, Hechte, Schleien - das Gewässer hat einen reichen Bestand. "Ich nutze einfach das, was da ist", so Reik Rosenkranz. "Also keine Fischzucht, kein Futter, alles regelt die Natur."

Weihnachten und Silvester stehen kulinarisch hierzulande im Zeichen des Fisches. Reik Rosenkranz weiß das. In großen Wasserbehältern tummeln sich bei ihm deshalb lebende Karpfen, Schleien, Forellen, Hechte und Störe. Ein Griff mit dem Kescher - und ein Karpfen zappelt darin. Das ist die Fischart, die Rosenkranz besonders gern hat - auch auf dem Teller. "Der Karpfen hat einen intensiven Eigengeschmack", begründet er das.

Da die ganze Familie - auch die Söhne Karl (8) und Florian (6) - gern Fisch isst, steht Vater Reik oft am Herd. "Für Fischgerichte zu Hause bin ich zuständig", sagt er. So wird es auch am ersten Weihnachtstag sein. Dann gibt es auf dem Familientisch Karpfen blau. Dafür hat Reik Rosenkranz ein eigenes Rezept. "Manche trauen sich nicht, dieses Gericht zuzubereiten, weil sie glauben, es sei schwierig", bemerkt er. "Dabei ist es ganz einfach."