Abgeklemmt

Von wladimir Kleschtschow 20.04.2013, 17:34
Hagebau-Verkaufsberater Hans-Dieter Benesch ist froh, dass wenigstens der Batterie-Taschenrechner trotz des Stromausfalls funktioniert.
Hagebau-Verkaufsberater Hans-Dieter Benesch ist froh, dass wenigstens der Batterie-Taschenrechner trotz des Stromausfalls funktioniert. Heiko Rebsch Lizenz

köthen/MZ - Lahmgelegt hat gestern ein siebenstündiger Stromausfall eine ganze Reihe von Unternehmen im Osten Köthens. Auch Privathaushalte waren betroffen. Nach Angaben der Mitteldeutschen Netzgesellschaft Strom mbH waren insgesamt 1223 Kunden ohne Strom. Zum Ausfall kam es gegen 9 Uhr, nachdem bei Tiefbauarbeiten im Bereich Merziener Straße/Alte Straße in Köthen ein Mittelspannungskabel beschädigt worden war. Dadurch sei es zu einem Folgefehler in der Nähe der Fabrikstraße gekommen, so eine Unternehmenssprecherin. Aufgrund der zwei Fehlerorte sei ein Umschalten auf andere Leitungen leider nicht möglich gewesen.

Während der Stromausfall bei Kaufland in der Merziener Straße nur von sehr kurzer Dauer war und den Betrieb nicht beeinflusste, gehörte das einige hundert Meter südlich gelegene Hagebauzentrum in der Quellendorfer Straße zu den hart betroffenen Unternehmen. „Wir haben um 6 Uhr aufgemacht. Um 9 Uhr fiel der Strom aus“, berichtete Betriebsleiter Jens Wecke am Nachmittag der Mitteldeutschen Zeitung. „Seit diesem Augenblick lief nichts mehr. Kassen, Telefone, Faxe - alles ist außer Betrieb.“ Bei Privatkunden wussten sich die Mitarbeiter auch ohne elektronische Ablesegeräte einigermaßen zu helfen. „Wir machen nun alles ohne Strom - wie vor 50 Jahren“, bemerkte Wecke dazu mit schwarzem Humor.

Noch weniger nach Scherzen zumute war ihm jedoch der Einbruch bei Unternehmen als Kunden. „Sie bestellen doch ihre Waren bei uns per Fax, per E-Mail oder telefonisch“, erläuterte der Betriebsleiter. „Da jedoch weder das Telefon noch das Internet liefen, kam keine Bestellung an. Ich kann mir vorstellen, wie wütend sie alle waren. Schließlich wussten sie ja nichts vom Stromausfall.“ „Wenn der Strom wieder da ist, muss unser Fax Hochleistungsschichten einlegen, um alle Bestellungen auszudrucken, die in der Zeit zwischengespeichert wurden“, bemerkte einer der Mitarbeiter.

Obwohl der Baumarkt zum ersten Mal mit einem derart massiven Stromausfall zu tun hatte - alle bisherigen waren nur von kurzer Dauer - demonstrierte das Team von Jens Wecke eine Art philosophische Ruhe: Man könne sowieso nichts dagegen machen. Beim VKK Standartkessel Köthen GmbH dagegen ließ die Stimmung nicht einmal schwarzen Humor zu. Zu brenzlig war die Situation.

„Ich habe bereits die erste Schicht nach Hause schicken müssen, jetzt wartet die zweite auf den Strom und keiner weiß, wann er kommt“, schilderte der Fertigungsleiter Enrico Marschall die Lage. „Wir haben Termine. Ein Lkw, der zwei Kessel abholen wollte, muss warten, da die Kessel ohne Kran nicht verladen werden können.“

Da die Köthener Kesselbauer viel für den Export produzieren, hat der Stromausfall sozusagen internationale Bedeutung. „In der Werkshalle stehen Kessel, die wir bereits bis Montag ins Ausland liefern sollen“, so Enrico Marschall. „Wissen Sie, was das kostet, wenn wir das nicht schaffen?“

Erst spät am Nachmittag war der Spuk vorbei. „Alle Kunden haben wieder Strom“, meldete die Mitteldeutsche Netzgesellschaft Strom mbH kurz nach 16 Uhr. Trotzdem müssen die Köthener Kesselbauer am heutigen Sonnabend eine Sonderschicht schieben, um den Zeitverlust aufzuholen.

Die Monteure Carsten Kluge (l.) und Sven Düben bei den Reparaturarbeiten an der Havarie-Stelle.
Die Monteure Carsten Kluge (l.) und Sven Düben bei den Reparaturarbeiten an der Havarie-Stelle.
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