Pläne vorgestellt für neuen Windpark Zwischen Seyda und Leipa: Windräder fast so hoch wie „Telespargel“
Die Seydaland Agrarbetriebe wollen gemeinsam mit den Stadtwerken Leipzig am Rand der Glücksburger Heide 23 Windrotoren errichten. Was in der Einwohnerversammlung gesagt wird.

Seyda/MZ. - An einem Landwirtschaftsweg, der in Seyda nur als „Brennerpass“ bekannt ist, soll alsbald Spargel wachsen. Diese Offerte machte Seydaland-Co-Geschäftsführer Jens Fromm in der Einwohnerversammlung im Jessener Ortsteil. Eingeladen hatte dazu namens des Ortsteilbeirates dessen neue Vorsitzende Jana Dalichow (siehe „Kein Parken mehr in Neuer Straße“). Mit seiner Ankündigung „also auch in Seyda wird wieder Spargel wachsen“ nahm Jens Fromm Bezug auf den Veranstaltungsplan, den die Ortsteilchefin gerade den Anwesenden im gut gefüllten Saal des Seydaer „Schützenhauses“ vorgestellt hatte. Ein Termin darin ist das Spargelfest, das traditionell am 1. Mai ausgetragen wird. „Von Weitem sehen die Windanlagentürme auch wie Spargelstangen aus“, formulierte der Seydaland-Chef die Überleitung zum zweiten Hauptpunkt des Einwohnertreffens. Was im zurückliegenden Jahr schon kurz informiert wurde, wie Fromm anmerkte, sollte nun deutlich konkreter erläutert werden.
Nicht Auswärtigen überlassen
Um in der unvermeidlichen Diskussion um regenerative Energien mitgestalten zu können, habe sich der Seydaer Landwirtschaftsbetrieb Kooperationspartner gesucht. „Wir wollten nicht nur Flächen zur Verfügung stellen, sondern auch ein Mitspracherecht haben“, begründete Jens Fromm den Handlungsansatz. Ausgangspunkt sind die Festlegungen der regionalen Planungsbehörde. Die legt unter anderem die Vorrangflächen für die Windenergieproduktion fest. Das erfolgt auf der Grundlage des im Sommer 2022 erlassenen „Windenergieflächenbedarfsgesetzes“. Demzufolge sollen bis 2027 insgesamt 1,9 Prozent der Landesflächen für die Energieproduktion aus der Ressource Wind zur Verfügung gestellt werden. „Und 2,2 Prozent bis zum Jahr 2032“, erklärte Lara Forsans. Sie ist seitens der Stadtwerke Leipzig die Projektleiterin für das gemeinsame Vorhaben.
Das vorgesehene Gebiet liegt südlich von Seyda, nördlich von Leipa und östlich von Schadewalde und Gentha. Wie bereits kurz berichtet, haben beide Unternehmen dazu eine gemeinsame Firma gegründet, die den etwas spröden Namen trägt „Seydaland Erneuerbare Energien Wind GmbH“ – kurz SEE Wind GmbH. Fromm und seine Partner hatten das Vorhaben in der jüngsten Stadtratssitzung bereits erläutert.
„Im Planungsgebiet Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg ist bisher etwa die Hälfte der geforderten Fläche erreicht“, stellt die Projektleiterin klar. „Das bedeutet, dass die Planungsgemeinschaft auch für Jessen neue Flächen ausweisen muss“, so Lara Forsans. Dazu ist bis 2027 ein „sachlicher Teilplan Wind“ zu erarbeiten, in dem in Frage kommende Flächen festzulegen sind. Auch dies hatte die MZ bereits berichtet.
Strom für 96.000 Haushalte
„Wir planen 23 Anlagen“, berichtet die Projektleiterin. Die dafür vorgesehene Fläche umfasse 500 Hektar. Installiert werden sollen Anlagen mit einer Leistung von 7,2 Megawatt. Das seien die momentan leistungsstärksten Generatoren. In aktuell entstehenden Windparks würden noch Anlagen mit Leistungen von 5,6 Megawatt errichtet. Ob es die erwähnten 7,2-MW-Generatoren werden, hänge vom weiteren Gang der Planung und der Kostenentwicklung ab. Im entsprechenden Fall rechnen die Investoren mit einer Gesamtleistung von 165,6 MW. „Damit könnten wir mehr als 96.000 Haushalte mit Strom versorgen“, so Lara Forsans. „Wir würden dafür ein eigenes Umspannwerk bauen,“ Zu jeder Wohnbebauung würde ein Abstand von mehr als 1.000 Metern eingehalten. Allerdings seien die einzelnen Windkraftanlagen mit 286 Metern recht hoch. Zum Vergleich: Der Berliner Fernsehturm, im Volksmund „Telespargel“, ist bis zur Antennenspitze 368 Meter hoch, das Restaurant in der Kugel sitzt auf 207 Metern. „Das ist ganz klar und das kann man auch nicht verhehlen: Man wird diese Anlagen sehen“, bekennt Jens Fromm.
Auch Ablehnung geäußert
Heiko Wust, der Dritte im Bunde der Erklärer, ebenfalls von den Stadtwerken Leipzig, ging dann darauf ein, was an Wertschöpfung in der Region bliebe, sollte der Park ans Netz gehen. Das seien insgesamt 1,4 Millionen Euro. Davon würden über die veranschlagte Laufzeit 990.000 Euro ins Stadtsäckel fließen.
In der anschließenden Fragerunde äußerten einige der Einwohner auch Zweifel. Das begann bei grundsätzlicher Ablehnung des Vorhabens. Die kam aber eher aus der Masse, als Jana Dalichow nach der grundlegenden Meinung in die Runde fragte. Eine Bürgerbeteiligung sei nach dem präferierten Modell nicht vorgesehen, antwortete Jens Fromm auf eine weitere Frage, indem er auf die 990.000 Euro Einkünfte für die Kommune verwies.
Eine Teilnehmerin fragte mehrmals, ob die Investoren noch Flächen suchten. Etwas über die Hälfte der Flächen sei bereits vertraglich gebunden, so Heiko Wust. Und: nein, momentan brauche man keine weiteren Flächen. Einer der Bürger hinterfragte das Vergütungsmodell für die Kommune. Und er warf der Stadt vor, gemeinsam mit Seydaland die Pachtpreise für die Flächen abgekartet zu haben. Wogegen sich Jessens Bürgermeister Michael Jahn (SPD) dezidiert wandte. „In dem Thema sind wir gar nicht drin. Das einzige Recht der Stadt besteht in den Bauleitverfahren. Ansonsten ist das eine privatrechtliche Geschichte.“