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Workcamp an der Gedenkstätte Lichtenburg Teilnehmer aus sechs Ländern beschäftigen sich in Prettin mit der Schlossgeschichte

Mit einem Empfang im Prettiner Rathaussaal beginnt das Workcamp, das der Gedenkstätten-Freundeskreis trägt. Wer von den Teilnehmern die weiteste Anreise hatte.

Von Klaus adam Aktualisiert: 26.07.2024, 12:22
Von oben, von der Balustrade des Prettiner Kirchturms, haben die Teilnehmer des Workcamps einen guten Ausblick auf ihre Gastgeberstadt und das Umfeld. Eckhard Ludwig vom Ortschaftsrat erklärt ihnen einige Besonderheiten.
Von oben, von der Balustrade des Prettiner Kirchturms, haben die Teilnehmer des Workcamps einen guten Ausblick auf ihre Gastgeberstadt und das Umfeld. Eckhard Ludwig vom Ortschaftsrat erklärt ihnen einige Besonderheiten. (Foto: Klaus Adam)

Prettin/MZ. - Der Kollaps einer IT-Sicherheitssoftware zum Ende vergangener Woche hat auch das Workcamp an der Gedenkstätte in der Lichtenburg erreicht. Zwei der Teilnehmer aus Spanien und der 71-jährige Interessent aus Großbritannien werden wohl erst an diesem Mittwoch Prettin erreichen. Weil aufgrund des Systemfehlers ihre geplanten Flüge ausgefallen sind. Alle anderen sieben Teilnehmer und Camp-Koordinatorin Anna sitzen an diesem Dienstagvormittagerwartungsfroh am Tisch im alten Rathaussaal von Prettin.

Der Freundeskreis zur Weiterentwicklung der KZ-Gedenkstätte Lichtenburg und die Stadt Annaburg haben die Teilnehmer zu einem Begrüßungsempfang eingeladen. Sie kommen daher aus dem Touristenzentrum herbeigeradelt, wo sie während der Tage in Prettin untergebracht sind. Am Nachmittag und Abend zuvor, also am Montag, sind sie in der Elbestadt eingetroffen.

Kommunikation auf Englisch

Noch sitzen sie etwas schüchtern an der im Rechteck gestellten und von Kathrin Meißner und Martina Schurad aus der Verwaltung liebevoll vorbereiteten Frühstückstafel. Zumal „Verkehrssprache“ für sie Englisch ist. Und das ist halt für alle eine Fremdsprache. Der 19-jährige Anthony kommt direkt aus Mexico. Thijs, 21, ist in Holland zu Hause, Maria und Ana kommen aus dem spanischen Barcelona. Der 20-jährige Aiham stammt aus Syrien und lebt seit 2017 in Leipzig, seine Freundin Leoni neben ihm ist Leipzigerin. Und mit 39 Lebensjahren ist Anne aus der dänischen Hauptstadt die vorerst älteste in der Runde.

Sie alle eint zunächst einmal, dass sie das Gruppenerlebnis eines solchen Workcamps genießen wollen. Mit anderen in einer noch unbekannten Umgebung zusammenzutreffen und ein Gemeinschaftserlebnis zu haben, steht für sie im Vordergrund.

Gastgeberin Silke Rosenkranz von der Stadtverwaltung  sowie Reinhard Pester, Jürgen Dannenberg und Uwe Loos vom Freundeskreis (vorn, von links) begrüßen die Teilnehmer des Workcamps im Ratssaal im Prettiner Rathaus gemeinsam mit Kathrin Meißner, Martina Schurad und Eckhard Ludwig (von rechts).
Gastgeberin Silke Rosenkranz von der Stadtverwaltung sowie Reinhard Pester, Jürgen Dannenberg und Uwe Loos vom Freundeskreis (vorn, von links) begrüßen die Teilnehmer des Workcamps im Ratssaal im Prettiner Rathaus gemeinsam mit Kathrin Meißner, Martina Schurad und Eckhard Ludwig (von rechts).
Foto: Klaus Adam

Nachdem Jürgen Dannenberg als Vorsitzender des Trägervereins für das Projekt die Teilnehmer begrüßt hat, tut dies auch Silke Rosenkranz im Namen des Annaburger Bürgermeisters Stefan Schmidt, der im Urlaub ist. „Wir sind froh, dass in diesem Jahr wieder ein solches Camp stattfinden kann“, sagt Silke Rosenkranz, und: „Der Austausch untereinander in inspirierenden Projekten spielt eine wichtige Rolle.“ Und sie drückt ihre Hoffnung aus, dass sich die Gäste im Touristenzentrum gut untergebracht fühlen. Als Stadtarchivarin ist es ihr ein Leichtes, die Teilnehmer am Camp mit ersten Informationen zur umfangreichen Stadtgeschichte bekannt zu machen.

Betreuerin Anna, Reinhard Pester vom Freundeskreis und Teilnehmer Aiham teilen sich die Übersetzungen des Gesagten ins Englische. Hin und wieder greift auch Eckhard Ludwig ein, der als Vertreter des Ortschaftsrates die Campteilnehmer mit begrüßt. Er nimmt sie anschließend auch mit auf einen Rundgang durch die kleine Elbestadt. Der beginnt mit einem Aufstieg auf den Kirchturm. Hier ist Matthias Laube von der Kirchengemeinde der Fachmann, der etwas zur Geschichte des Kirchenbaus erzählt.

Bevor sie sich auf die Füße machen, macht sie Jürgen Dannenberg als Chef des Gastgebervereines noch mit einigen kurzen Fakten zur wirtschaftlichen und politischen Situation Prettins und des Umlandes vertraut. Er spricht über die Verwerfungen, die die politische Wende für die Region brachte. Auf die inhaltliche Seite des Projektes selbst gehen sie zu diesem Anlass nicht weiter ein. Zumal wie gesagt, dies nicht die vordringliche Präferenz der Teilnehmer war, sich für das Workcamp anzumelden.

Gemeinschaft zählt

Der 21-jährige Thijs aus Abcoude in den Niederlanden, südlich von Amsterdam gelegen, sagt „Prettin sah aus, wie ein kleines Dorf. Ich mag das und bin hier noch nie gewesen. Und ich weiß, die kleinen Orte haben die besten Menschen.“ Er spricht recht gut deutsch. Kein Wunder, „meine Mutter ist aus Deutschland. Sie ist nach der Wende nach Holland gekommen“. Er studiert Kommunikationswissenschaften. Was er damit später anfangen wird, hat er noch nicht entschieden. Sehr gut deutsch spricht auch der Syrer Aiham. Sein Vater hatte die Familie vor etwa sieben Jahren nach Deutschland nachgeholt. „Ich möchte meine Zeit sinnvoll verbringen und mein Englisch verbessern“, sagt er, „über die deutsche Geschichte weiß ich noch nicht soviel.“ Er hat gerade sein Fachabitur bestanden und wartet auf die Zulassung zum Ingenieurstudium für Bauwesen.

Anna aus Kopenhagen/Dänemark ist Gymnasiallehrerin für Bio, Chemie und Biochemie. Auch sie suchte eine sinnvolle Art ihren Urlaub zu verbringen und das wollte sie in Deutschland tun. Ganz neue und intensive Impressionen wird wohl auch der 19-jährige Anthony mit nach Hause nehmen. Auch er will Ingenieur werden und ist zum ersten Mal in Deutschland. Zu Hause ist er in San Diego de la Unión in Zentralmexico.