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Wechsel bei der Bundeswehr Wechsel bei der Bundeswehr: Abschied von Holzdorf ohne Wiederkehr

Von Sven Gückel 13.09.2018, 09:11
Insgesamt elf Jahre verbrachte Oberst Mario Herzer als verantwortlicher Offizier am Standort Holzdorf. Jetzt wird er ihn in Richtung Italien verlassen.
Insgesamt elf Jahre verbrachte Oberst Mario Herzer als verantwortlicher Offizier am Standort Holzdorf. Jetzt wird er ihn in Richtung Italien verlassen. Sven Gückel

Holzdorf - Elf Jahre seiner Dienstzeit verbrachte Oberst Mario Herzer, der ranghöchste Offizier in der Luftwaffe mit ostdeutscher Biografie, am Bundeswehrstandort Holzdorf. Davon knapp drei Jahre als Kommandeur des Einsatzführungsbereichs 3 und Standortältester. Am 18. September wird er seine Einheit übergeben. Das neue Ziel heißt Italien.

Sommer, Sonne, Meer? Für Oberst Mario Herzer, der ab Oktober im norditalienischen Poggio Renatico am dort liegenden Nato-Stützpunkt seinen Dienst als Director des Command und Control-Radarsystems antritt, beginnt die neue Verwendung womöglich winterlich. „Die Einheit verlegt für mehrere Tage zu einer Übung nach Norwegen. In der auserwählten Gegend ist bereits Schnee angekündigt“, blickt der 51-Jährige voraus.

Wirkliche Gedanken daran verschwendet er jetzt aber noch nicht. Vielmehr gilt sein aktuelles Augenmerk der Kommandoübergabe an seinen Nachfolger Oberstleutnant Andreas Springer. Ehemalige Weggefährten werden bei diesem Appell anwesend sein, aber auch Vertreter der regionalen Wirtschaft und Politik. Die Verbindungen zu ihnen waren Teil seiner Funktion als Standortältester.

Eine wuchtige Aufgabe, schätzt er rückblickend ein. Drei Bundesländer und drei Landkreise grenzen an den Standort, in dessen näherem Umfeld sieben größere Städte liegen. Zu allen suchte er den Schulterschluss. Zumal die vergangenen drei Jahre von politischen Veränderungen und Trendwenden in der Bundeswehr geprägt waren.

„Die Truppe wurde personell zwar verkleinert, die sicherheitspolitischen Herausforderungen jedoch sind zeitgleich größer geworden“, so Herzer. Statt darauf zu reagieren, habe man die Fähigkeiten der Truppe „weggespart“, ergänzt er. Schon jetzt, in Friedenszeiten, sei die Bundeswehr dauerhaft bei einer Auslastung der Kräfte zu 100 Prozent angelangt. Um aber auch im Krisenfall angemessen reagieren zu können, braucht es Reserven.

Und die sind nicht vorhanden. „Ich würde mir deshalb für die Zukunft wünschen, dass sich die Streitkräfte wieder auf ihre Kernaufgaben besinnen: Internationale Aufträge im Zuge des Krisenmanagements sowie Landes- und Bündnisverteidigung. Meiner Auffassung nach bedeutet das den Frieden zu sichern oder ihn notfalls an anderen Orten der Welt zu erzwingen“, argumentiert er.

Keine Modernisierung

Dazu bedarf es jedoch dringender Investitionen. Will man die Fähigkeiten der Bundeswehr erhalten und kontinuierlich ausbauen, gilt es ihren technischen Zustand zu verbessern und die personelle Situation zu entschärfen. Als Beispiel hierfür nennt Mario Herzer das DCRC, die verlegefähige Variante der Luftwaffenkampfführungsanlage. Deren Beschaffung vor mehr als einem Jahrzehnt war ein großer Schritt.

Doch seither sei die technische Ausrüstung stehen geblieben. Statt Modernisierung und Erweiterung habe man lediglich Systemerhaltung betrieben. Die Folge ist ein hoher Investitionsstau. Zugleich betont Herzer, dass man in den letzten Jahren am Standort Schönewalde-Holzdorf viel bewegt habe, auch in Zusammenarbeit mit dem zivilen Bereich.

An einem Strang gezogen

Gemeinsam mit Mitgliedern des Städtebundes „Elbe-Elsteraue“ wurden Positionspapiere verfasst, etwa zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur in der Region, und an Verantwortliche der Bundesländer Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Sachsen geschickt. Die Aufmerksamkeit, die der Bundeswehrstandort und das zivile Umfeld dadurch in der politischen Ebene erhalten haben, sei nachweislich gewachsen.

„Alle Mitglieder des Städtebundes verfolgen eine gemeinsame Interessenlage. Indem wir mit einer Zunge sprechen, sind die Erfolgsaussichten auf die Lösung der Probleme deutlich größer“, so der Oberst. Viel erreicht habe man aber auch aus militärischer Sicht. Die Zusammenarbeit aller am Fliegerhorst stationierten Verbände sei sehr gut, Großprojekte wie der Tag der Bundeswehr im Juni mit 33000 Besuchern konnten reibungslos durchgeführt werden.

Als Erfolgreich erachtet der Oberst zudem die Verlegungen des DCRC nach Lettland 2016 und 2017. An der Peripherie des Nato-Bündnisses habe man nachweisen können, was man zu leisten im Stande ist. „Die Einsätze haben aber auch gezeigt“, resümiert er kritisch, „dass unsere Technik ihre Grenzen erreicht hat, wenn wir die Fähigkeit der weltweiten Luftraumaufklärung erhalten wollen.“

Eine Ansicht, der auch der neue Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, beipflichtet. Er sieht die Bundeswehr ebenfalls technisch an einer Talsohle angekommen, die nur mit zeitgemäßen Waffensystemen verlassen werden kann. Zusätzlichen Investitionsbedarf macht Mario Herzer darüber hinaus am Standort aus. Unterkunfts- und Bürogebäude sind in Planung und dringend nötig.

Während man das Personal schrittweise aufstocke, wachse die Infrastruktur bislang nicht mit. Hier müsse zwingend nachgebessert werden, wolle man weiterhin als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden.

Vor Mario Herzer, der zum Jahresende 51 Jahre alt wird, liegt in der Bundeswehr noch eine weite Wegstrecke. Wohin sie führt, ist ungewiss. „Wichtig ist mir nur, dass alle folgenden Verwendungen genau so interessant sind, wie meine Zeit in Holzdorf.“ (mz)