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Garagen aus DDR-Zeiten Warum ein Schweinitzer städtische Regelung als Enteignung empfindet

Die Stadtverwaltung Jessen kündigt Schweinitzern Garagen, die sie einst selbst erbaut hatten. Nur stehen die auf Grund der Stadt. Wie die aktuelle Gesetzeslage zwei Besitzstände regelt.

Von Klaus Adam 17.09.2024, 13:56
Das sind die Garagen in Schweinitz, um die es geht.
Das sind die Garagen in Schweinitz, um die es geht. Foto: Klaus Adam

Schweinitz/MZ. - Es gibt Ärger in Schweinitz, das nach der Wende, konkret 1993, einer der ersten Ortsteile von Jessen wurde. Genau genommen ärgern sich erstmal die Besitzer einer kleinen Garagenzeile „Am Heller“, das ist in der Nähe des Elsterdammes hinter dem Amtshaus, über die Situation. Zumindest nach Aussage eines von ihnen. Sie sind Eigentümer von Garagen auf einem Grundstück, das der Stadt Jessen gehört. Und die hat den zehn Garagenbesitzern die noch bestehenden Pachtverhältnisse zum Ende des laufenden Jahres gekündigt, verbunden mit der Offerte, dass sie ja die Garagen ab Jahresbeginn 2025 von der Stadt mieten können.

Kurz vor der Wende gebaut

Rein praktisch würde sich an der Situation nicht viel ändern. Rechtlich schon. Freilich wäre die Miete etwas höher als die aktuelle Pacht, aber die Nutzungsverhältnisse würden bleiben. Einer aus der Gruppe der Erbauer des kleinen Garagenkomplexes läuft allerdings gegen die Kündigung des Pachtverhältnisses – gepachtet wird also der Grund, auf dem die Garagen stehen – Sturm. „Ich habe zu Honeckers Zeiten viele Schweinereien erlebt und nun wieder“, erklärt er im Gespräch mit der MZ. Er möchte namentlich nicht öffentlich genannt werden. „Ich empfinde diese Sache als Enteignung.“ Er sieht sich in gewisser Weise auch als Sprecher für andere Betroffene, die zumeist schon deutlich älter sind.

Er führt auch einige Punkte an, die aus seiner Sicht seitens der Stadtverwaltung nicht ordentlich gelaufen seien. Etwa verweist die Verwaltung in einer Erwiderung auf seinen Widerspruch dadrauf, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen sei, die Garagen wären in den 60er und 70er Jahren entstanden und würden somit seit 2007 als „abgeschrieben bzw. abgenutzt“ gelten.

Dem hält der Schweinitzer entgegen: „Wir haben die Garagen in den Jahren 1987/1988 in Eigeninitiative gebaut. Allein die Materialbeschaffung stellte das größte Problem dar.“ Zudem hätte er erwartet, dass die Verwaltung die Garagennutzer langfristig, also noch vor dem 3. Oktober 2022, über ihre Pläne informierte. Denn zu diesem Zeitpunkt lief die Kündigungsschutzfrist aus. Vor diesem Zeitpunkt hätte es eine Entschädigung dafür gegeben, wenn die Stadt als Grundeigentümer die darauf stehenden Bauwerke übernehmen wollte. Mit der im April versandten Kündigung zum Ende des Jahres habe man die Garageneigentümer vor vollendete Tatsachen gestellt, so der Schweinitzer.

Auch, als die Verwaltung Mitte Oktober 2022 die Pächter informierte, dass ab 1. Januar 2023 nach neuer Gesetzeslage auf die Pacht noch Umsatzsteuer zu zahlen wäre, sei kein Wort dazu geschrieben worden, dass die Stadt „im folgenden Jahr die Enteignung der DDR-Garagen in Betracht zieht“, wie der Schweinitzer in einem Schreiben anmerkte.

Nicht zum konkreten Fall

Zum konkreten Fall möchte sich die Stadtverwaltung nicht äußern. Fabian Schuster, verantwortlich für Stadtkasse und Steuern, nimmt lediglich allgemein zur Problematik Stellung. Die Argumente kennt der betroffene Schweinitzer natürlich. „Die Regelung wurde getroffen, um die Eigentumsverhältnisse zu bereinigen“, erklärt der Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Die Kündigung beträfe im übrigen nicht nur die genannten Garagen in Schweinitz. Es gebe auch in Jessen Nord Garagen, die auf städtischem Grund stehen. Dabei seien die Einnahmen laut Fabian Schuster „nicht der vorwiegende Grund, das sauber abzuwickeln“.

Freilich habe er Verständnis dafür, dass sich der eine oder andere durch diese Entscheidung enteignet fühlen könnte. Aber die Gesetzeslage sei nun einmal so.

Die MZ-Frage, ob die Verwaltung ihre Kommunikation mit den Betroffenen in dieser Frage als angemessen ansieht, beantwortete der Mitarbeiter so: „Die meisten waren nicht überrascht. Das Gesetz ist in der Diskussion der Leute. Deshalb haben wir die Kündigungen im April und damit rechtzeitig herausgegeben, so dass sich jeder überlegen kann, was er will.“ Es seien nur wenige Widersprüche auf die Kündigungen hin eingegangen. Auch auf das Auslaufen der Frist hin angesprochen, innerhalb derer die Garagennutzer eine Entschädigung zu erwarten gehabt hätte, meinte Fabian Schuster, es habe auch zuvor noch nie eine Entschädigung gegeben. Und: „Wer bisher eine Garage hatte, hat ja weiterhin das Recht sie zu nutzen, eben gegen Miete.“ Er sehe die Garagen für deutlich maroder, als das der Beschwerdeführer erklärt.

Dem geht es vor allem um die Art und Weise, wie hier mit Eigentum umgegangen werde. „Das hat mit Demokratie nichts zu tun“, ist er überzeugt.