Treffen zum Gedenken Treffen zum Gedenken: Als Freunde willkommen

Prettin/MZ - Jana Müller vom Alternativen Jugendzentrum in Dessau verbindet mit der Familie Franz etwas ganz Besonderes. Vor drei Jahren stellte sie gemeinsam mit Historiker Sven Langhammer in der Lichtenburg eine Filmdokumentation vor, die sich mit der leidvollen Geschichte dieser Sintifamilie beschäftigt. Franziska Franz und ihre Tochter Wald-Frieda waren gemeinsam in diesem Konzentrationslager der Nazis eingesperrt, später auch in Ravensbrück. An das Schicksal dieser Familie erinnerte Müller am Wochenende während einer Gedenkstunde vor dem Relief im Hof der Lichtenburg. Dabei ließ sie vor allem Zitate sprechen, die von Wald-Frieda Weiss stammen und von Ernesto Kroch, dem 2012 verstorbenen Widerstandskämpfer gegen die Nazis, der nach der Lichtenburghaft über Jugoslawien nach Uruguay emigrierte. Seine Frau Eva Weil war zu diesem zweiten Lichtenburg-Treffen des Fördervereins Schloss und Gedenkstätte Lichtenburg und einiger Freunde mit der Familie Franz gekommen.
Allein, dass Wald-Frieda Weiss während des Appells zu ihrer eine Woche später eingelieferten Mutter lief, brachte ihr zwölf Tage Dunkelhaft im Bunker ein. Es war einer Aufseherin aufgefallen. Diese Erinnerung zitierte Jana Müller unter anderem. Dass sich die inzwischen betagte Dame rund siebzig Jahre danach noch haargenau an jedes Detail in dieser Zelle erinnern konnte, deutet an, wie tiefgreifend nicht nur die körperliche Belastung in der Zelle war. Dies ist auch ein Indiz für die existentielle psychologische Härte solcher Strafen.
Emotionale Erinnerungen
Vor allem wolle er sich über diesen Tag, dieses Treffen, diesen erneuten herzlichen Empfang durch die Gastgeber freuen, meinte anschließend Siegfried Franz. Er ist nicht nur der Neffe von Wald-Frieda Weiss, sondern auch stellvertretender Geschäftsführer des niedersächsischen Verbandes Deutscher Sinti. Dennoch sind Erinnerungen an Orte und Geschichten, die er aus den Erzählungen kennt, für ihn heute wieder hoch emotional. Nur vier seiner 27 Mitglieder zählenden Familie hatten seinerzeit den Holocaust an den Sinti und Roma überlebt. „Und immer noch will man uns nirgendwo haben“, sagte er später zur MZ. Der Vorurteile sind noch viele. Und er kennt sie alle. Wenn auch heute die Familie im Raum Osnabrück zu Hause ist, so war sie in der beginnenden Nazizeit in Magdeburg und im Fläming beheimatet. Und so erkannte er gerade auf der Herfahrt nach Prettin viele Orte, deren Namen er aus der Familiengeschichte verinnerlicht hat. „Sie hatten hier eine schöne Zeit, bis dann der Umbruch kam“, so formuliert der Nachkomme dieser leidgeprüften Familie. Diese Erinnerungen machten ihn zwar immer wieder traurig, so Franz, doch an der „Kraft, die von diesen Menschen hier ausgegangen ist“, könne er sich stets aufrichten.
