Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Ärger hinter Landesgrenze
Arnsnesta/Annaburg/MZ. - "Heute ist es idyllisch, aber sie ist auch trügerisch." Michael Oecknigk (CDU), Herzbergs Bürgermeister, blickt von der Brücke in Arnsnesta auf die Schwarze Elster, auf der die Eisschollen dicht an dicht entlangschwimmen. Aber nicht der Fluss im Winter, sondern die Unterschiede im Hochwasserschutz dies- und jenseits der Landesgrenze beschäftigen den Kommunalpolitiker. Auf die Frage, was ihn derzeit beim Blick auf die Schwarze Elster bewegt, antwortet er: "Entsetzen auf der einen, dankbares Erstaunen auf der anderen Seite." Denn an der Brücke von Arnsnesta, die zur Stadt Annaburg gehört, treffen die beiden Länder Brandenburg und Sachsen-Anhalt zusammen.
Während flussabwärts bereits Millionen verbaut wurden, um den Hochwasserschutz an der Schwarzen Elster zu verbessern, die im Herbst 2010 und im darauf folgenden Winter mit bisher nicht gekannten Wasserständen gezeigt hat, wie brutal sie sein kann, geschehe auf brandenburgischer Seite fast nichts. Es sei gerade einmal gemäht worden. Die Stubben der im Deichbereich gefällten Bäume wurden nicht entfernt und werden, wie Oecknigk vermutet, für Instabilität der Schutzwälle sorgen. Auch an den Zuwegungen habe sich nichts getan, um in Notfällen schnell an die Dämme gelangen zu können. In Sachsen-Anhalt hingegen sei nicht allein während des extremen Hochwassers etwas versprochen, sondern auch gehalten worden, wie an den gepflegten Vorländern, den erneuerten Zufahrten, den entstehenden Verteidigungswegen und den Deichsanierungen zu sehen ist. Hochwasserschutz dürfe nicht an Ländergrenzen enden, meint Oecknigk. Er wünscht sich eine übergreifende Zusammenarbeit der Länder und Kreise. Wie es gehen könne, zeige doch der Städtebund Elbe-Elsteraue, dem seit Jahren Kommunen aus den Landkreisen Elbe-Elster und Wittenberg sowie der Bundeswehrstandort Holzdorf angehören.
Erst das jüngste Hochwasser, vom Herzberger Bereich bis zur Mündung in die Elbe galt die Alarmstufe zwei, habe wieder gezeigt, "dass die Nervosität bei den Bürgern groß ist", so Oecknigk. Nicht allein in der Elster, sondern auch in den Nebenarmen habe extrem viel Wasser gestanden.
Wie das Nachbarland mit den Sorgen seiner Bürger umgehe, verdeutlicht Michael Oecknigk am offenen Brief von Manfred Meyne. Der ehemalige Flussmeister hatte im Oktober gegenüber dem Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz mit Sitz in Potsdam erklärt, dass die Anwohner der Schwarzen Elster kein Verständnis "für Pflichtversäumnisse des Landes in Art von unzureichenden Instandsetzungs- und ausbleibenden Unterhaltungsarbeiten" haben. Eine Antwort auf die Sorgen gab es nach mehr als drei Monaten am 26. Januar vom Präsidenten des Landesumweltamtes, Matthias Freude. Er schrieb: "Die dicht aufeinanderfolgenden Extreme zwischen Dürre und Hochwasser fordern die Wasserwirtschaft wie schon seit vielen Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten nicht mehr. Wir brauchen dringend Rückhalteräume und andere Lösungen, die unsere Flüsse umgestalten werden und die für das Land Brandenburg dennoch finanzierbar bleiben." Auskunft zu konkreten Vorhaben gibt es im allgemein gehaltenen Brief nicht.
Michael Oecknigk spricht von einem "Problem der Ewigkeit". Als langjähriger Kommunalpolitiker glaube er nur noch das, was er sehe. Die Ortsumfahrung von Herzberg sollte bereits 1997 gebaut werden, doch getan hat sich nichts, nannte er ein Beispiel. "Für mich zählen nur noch Fakten. Ich muss erst den Bagger sehen, dann weiß ich, dass es losgeht."
Darum schaut er mit etwas Wehmut nach Sachsen-Anhalt, weil es da schon lange losgegangen ist.