Kirche und Corona Kirche und Corona: Weihnachtsgottesdienst unter freiem Himmel?

Jessen/Wittenberg - Dass für viele Menschen Weihnachten ohne Gottesdienste nicht denkbar sei, hatte der Sprecher der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Friedemann Kahl, in der MZ erklärt. Tatsächlich gibt es kaum eine andere Zeit im Jahr, zu der Gotteshäuser derart gut besucht sind wie zu Weihnachten. Auch jene, die dem Glauben fernstehen, zieht es dann in die Kirchen - weil es Tradition ist. Unter Pandemiebedingungen mit den geltenden Hygiene- und Abstandsregeln finden freilich weit weniger Menschen Platz, dies gilt auch für Plätze vor den Kirchen.
Freude teilen
Geplant wird bereits seit längerem. „Auf jeden Fall wollen wir sichergehen, das Infektionsgeschehen nicht zu steigern, aber auch die Freude von Weihnachten teilen, denn sie kann uns Kraft geben, die Zeiten gut zu überstehen“, erklärt Seydas Pfarrer Thomas Meinhof. Die „kleinteilige“ Struktur der Kirchengemeinden komme diesen Planungen entgegen. Zu den Gottesdiensten sollten die Teilnehmer auf jeden Fall ihre Mund-Nasen-Bedeckung mitbringen.
Jeweils eine kleine Christvesper mit Krippenspiel (gestaltet von der Pfarrerfamilie) soll es nach jetzigem Stand geben in Seyda um 17 Uhr auf dem Markt, um 17.30 Uhr in Schadewalde, um 18 Uhr in der Neuen Straße in Seyda und um 18.30 Uhr am „Schützenhaus“ in Seyda.
In Mellnitz (um 14 Uhr), in Morxdorf (um 15 Uhr) und in Gadegast (um 16 Uhr) haben die Kirchenräte geplant, am Anfang mit Maske gemeinsam in die Kirche zu gehen zu Krippenspiel, Predigt, Gebet „und dann die Freude hinauszutragen und draußen vor der Kirche gemeinsam zu singen“, informiert der Pfarrer. In Naundorf, 15 Uhr, werde die Christvesper aufgrund der zu erwartenden hohen Beteiligung gleich im Freien stattfinden, als Gastprediger ist Pfarrer Oliver Fischer vom Predigerseminar dabei.
In Gentha um 15.30 Uhr werden die Wiese vor dem Gutshaus und die Freitreppe als „Bühne“ genutzt. Die Christvesper gestaltet Psychiatriediakon Werner Srugies. In Ruhlsdorf ist um 16 Uhr Krippenspiel in der Kirche (mit Maske) und anschließend Singen im Freien mit Gemeindepädagogin Andrea Fritzsche, in Zemnick wird die Christvesper ebenfalls im Freien, vor der Kirche am Stall von Bethlehem im „Märchendorf“ stattfinden.
Ob die Planungen zum Weihnachtsfest so zu verwirklichen sein werden, bleibt abzuwarten. Änderungen sind möglich. Aber in den Kirchengemeinden wird Wert darauf gelegt, den Menschen schon mal eine Orientierung zu geben, was sie erwarten könnte.
In Elster war erst der Freizeitpark im Gespräch, um dort Heiligabend unter freiem Himmel zur Christvesper einzuladen. Doch nun wird es wohl der Schulhof der Sekundarschule sein. Dort könne auf die Kirche geschaut und das Geläut der Glocken gehört werden, sagt Pfarrerin Judith Kölling.
Um 17 Uhr soll die Andacht beginnen. In Meltendorf ist sie am 24. Dezember um 15 Uhr angekündigt. Die Teilnehmer versammeln sich an der kleinen Kirche im Freien. Zwei Wünsche hat die Pfarrerin: Die Infektionszahlen mögen rasch sinken und am 24. Dezember sollte es nicht regnen, alles andere lasse sich organisieren.
Dass bei den Planungen vieles auch noch in Arbeit sei im Evangelischen Kirchenkreis Wittenberg, erklärt dessen Superintendentin Gabriele Metzner. Die Rede ist von Überlegungen, ob mit speziellen Einlasssystemen Christvespern in der Kirche stattfinden können, bis zu besagten Außenveranstaltungen.
Perspektivwechsel
Sie selbst werde Heiligabend draußen sein. Um bei Freiluftveranstaltungen auch mit entsprechender Technik ausgestattet zu sein, unterstützen der Kirchenkreis und die Landeskirche den Angaben zufolge Projekte „mit einer kleinen Förderung“. Grundsätzlich kann Metzner offenbar dem, nennen wir es, Perspektivwechsel auch etwas abgewinnen: also einmal vor einer Kirche zu stehen und zu sehen, wie das Licht von drinnen nach außen strahlt.
Ob sich Corona über die Logistik hinaus auf dieses Weihnachten auswirken wird? „Die Predigten werden kürzer“, sagt Metzner. Inhaltlich würde natürlich jede Pfarrerin, jeder Pfarrer für sich entscheiden, was in dieser Situation von der Weihnachtsgeschichte in den Mittelpunkt gerückt wird. Dass der biblische Text noch stets in Zusammenhang mit der Gegenwart gebracht wurde, ist bekannt. Apropos bekannt: „Wir wissen ja nicht, was bis dahin ist“, sagt Metzner angesichts weiterer Eindämmungsverordnungen.
230 Stehplätze vorhanden
Ins Freie verlegen auch Schloss- und Stadtkirche in Wittenberg ihre Christvespern in diesem Corona-Jahr. 230 Stehplätze wird es nach Auskunft von Jörg Bielig, Kustos am Schlosskirchenensemble, auf dem Schlosshof geben. Berechnet habe diese Anzahl die Evangelische Wittenbergstiftung. Schlosskirchenkantor Thomas Herzer hat angekündigt, dass bei zwei Christvespern der Gospelchor und die Bläser der Schlosskirche zu erleben sein werden.
Zu den Unwägbarkeiten hingegen gehören im Besonderen zwei Dinge: Zum einen kann niemand vorhersagen, wie viele Menschen zu den Christvespern kommen, die am 24. Dezember um 14, 15, 16 und 17 Uhr gefeiert werden. Die zweite Unbekannte ist das Wetter. „Witterungsgerechte Kleidung“ wird angemahnt. Zur MZ sagt Bielig auf die Frage nach einem Plan B: „Es gibt nur einen Plan A.“
In Jessen hat Pfarrer Tobias Bernhardt angekündigt, dass aufgrund der „akuten Corona-Lage“ es Heiligabend keine Christvespern geben wird. Am ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag beginnen die Gottesdienste jeweils 9.30 Uhr.
Karten und Anmeldung
In der Stadtkirche Wittenberg und im Besucherzentrum im Schloss sind kostenfreie Einlasskarten für eine der insgesamt vier Christvespern am 24. Dezember auf dem Schlosshof erhältlich. Die Christvespern dauern etwa 30 Minuten. Zur ersten um 14 Uhr wird ein Krippenspiel geboten. Um 16 und 17 Uhr werden der Gospelchor und die Bläser der Schlosskirche angekündigt. Der Zugang zum Schlosshof erfolgt über Schlossstraße/Schlossplatz. „Um ein zügiges und sicheres Einlassmanagement zu gewährleisten, sind die Einlasskarten möglichst schon ausgefüllt mitzubringen“, heißt es in einer Mitteilung.
››Digitale Angebote zum Advent gibt es unter www.kirchenkreis-wittenberg.de im Internet. Dort sind auch Infos zu Veranstaltungen zur Weihnachtszeit abrufbar. (mz)