Kirche in Düßnitz Kirche in Düßnitz: Geißler-Orgel von 1876 wird umfassend rekonstruiert

Düßnitz/MZ - Einer Orgelwerkstatt gleicht die Empore in der Düßnitzer Kirche. Auf den Ablagen, die eigentlich für Liederbücher gedacht sind, liegt ordentlich sortiert jede Menge Werkzeug. Kein Wunder, wird doch die Königin der Instrumente in diesem Gotteshaus gegenwärtig saniert.
Alter Klang soll wieder her
Zwei Jahre sei sie stumm gewesen, erzählt Orgelbauer Rainer Wolter. Deshalb hatte er sich vor Weihnachten vergangenen Jahres schon einmal mit dem Instrument beschäftigt, hatte es wieder zum Klingen gebracht. Nun unternimmt er alles, um der Orgel wieder den alten Klang und ihr früheres Aussehen zu geben.
Für die Erneuerung der zehn Prospektpfeifen der Düßnitzer Geißler-Orgel hat die Vorsitzende des Gemeindekirchrates, Antje Wendt, in nur zwei Tagen 4 200 Euro Spendengelder gesammelt. Klar war, dass dieses Vorhaben nur realisiert werden kann, wenn mindestens zwei Drittel der Kosten über Eigenmittel abgedeckt werden können. Wie aber soll das geschehen?
Die zündende Idee kam der engagierten Düßnitzerin beim Weihnachtsgottesdienst. Dort waren viel junge Leute in der Kirche. Da kam Antje Wendt der Gedanke, eine Sammlung für die Orgel zu organisieren. Sie war zuversichtlich, dass zumindest etwa 2 000 Euro machbar sein müssen, zumal viele Dorfbewohner ausgesprochen musikalisch sind.
Ein Schreiben mit der Erläuterung des Vorhabens wurde aufgesetzt und an alle Haushalte verteilt. In den Winterferien ging Antje Wendt mit einer Sammelbüchse auf Tour durch den Ort. Nachdem die Hälfte geschafft war, zeichnete sich bereits die hohe Summe ab. 3 100 Euro waren am Ende in der Dose. Weitere 1 100 Euro überwiesen zumeist Unternehmen.
Mittlerweile sind weitere Gelder eingegangen. Wenn es mit den Spenden weitergeht, dann soll der Korpus der Orgel auch noch einen neuen Anstrich bekommen, so Antje Wendt. CAB
Es handelt sich um eine Orgel aus der Werkstatt von Conrad Geißler (Eilenburg) aus dem Jahre 1876. Sie hat zwei Manuale und zehn Register. Übrigens diente sie ebenso wie das Schwesterinstrument in Rade bei der Rekonstruktion der Orgel in der Kirche Mügeln als Vorbild, berichtet Rainer Wolter. Das bedeutet jedoch nicht, dass hier alles noch in dem Zustand des Jahres 1876 war. Im Gegenteil. Der Holzwurm, den Rainer Wolter scherzhaft als seinen „besten Arbeitgeber“ bezeichnet, hat ganze Arbeit geleistet. Zudem sind aus welchen Gründen auch immer etwa 90 Pfeifen verschwunden. Insgesamt müsste diese Orgel 240 Holz- und 354 Metallpfeifen haben. Auch die zehn Prospektpfeifen blieben nicht im Original erhalten. Sie waren eigentlich aus einer Zinn- und Bleilegierung in einem festgelegten Verhältnis und wurden während des Ersten Weltkrieges entnommen. Als minderwertiger Ersatz dienten dann Zinkpfeifen. „Das Metall ist fester, der Klang wird hart und spröde“, so Rainer Wolter. Sie werden, Dank der Initiative der Kirchenratsvorsitzenden Antje Wendt (siehe auch „In nur zwei Tagen 4 200 Euro für die Orgel gesammelt“), komplett ersetzt.
Ersatz für Verschwundenes
Der Orgelbauer zeigt einen hölzernen Pfeifenstock, der an einen Ständer für Reagenzgläser aus dem Chemieunterricht erinnert. In die Löcher kommen die Metallpfeifen unterschiedlicher Größe. Auffallend ist, dass einige der Löcher verklebt sind. Genau hier fehlen die Pfeifen und damit der Wind (die Luft) nicht verloren geht, wurden die Öffnungen verschlossen. Erste neue Pfeifen sind schon da. Sie sind leicht zu erkennen, glänzen sie doch noch richtig.
Wenn die Rekonstruktion der Düßnitzer Geißler-Orgel abgeschlossen ist, voraussichtlich wird dies zu Ostern sein, ist das kein Abschied für eine lange Zeit. Die Wolter-Werkstatt übernimmt auch die Orgelpflege. Dass heißt, einmal im Jahr wird nach dem Rechten gesehen. Dann wird, wenn nötig gestimmt, der Winddruck überprüft und alles gereinigt.
Jahrelange Berufs-Erfahrung
Rainer Wolter, der bereits 35 Jahre in seinem Beruf tätig ist, hat schon zahlreichen Orgeln im Landkreis Wittenberg wieder alten Klang eingehaucht sowie zu früherem Aussehen verholfen. Und auch jene in der Düßnitzer Kirche wird nicht die letzte Königin der Instrumente in der Region sein. In Gadegast, Gentha, Ruhlsdorf und Zemnick warten schon die nächsten Rekonstruktionsaufgaben auf ihn und seine Kollegen.
Weitere Informationen über Rainer Wolter und seine Werkstatt unter www.orgelbau.net