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Dommitzscher Fährhaus Dommitzscher Fährhaus: In der Tiefe des Polders

Von Detlef Mayer 08.01.2016, 09:21
Das Dommitzscher Fährhaus zu besseren Zeiten
Das Dommitzscher Fährhaus zu besseren Zeiten Archiv/Thomas Christel Lizenz

Prettin/Dommitzsch - Das Fährhaus am Dommitzscher Elbufer gibt es als Gaststätte und Übernachtungsmöglichkeit nicht mehr. Auf dessen noch existenter Homepage verkündet der letzte Betreiber Michael Mattersteig: „Auf Grund des Hochwasserschutzes (Bau eines Polders) erfolgt ab 26. Dezember 2015 die Geschäftsaufgabe. Zimmer können dann nur noch im Waldbad gemietet werden.“

Die Zukunft des Objekts an der Grenze zwischen Sachsen und Sachsen-Anhalt, das in der Saison vielen Radwanderern, Ausflüglern und Wassersportlern als Anlauf- und Übernachtungspunkt diente - der Anleger der Prettiner Gierseilfähre befindet sich sozusagen vor der Haustür - ist ungewiss. Sicher gesagt werden kann hingegen, dass das traditionsreiche Haus bereits 2015 in den Besitz der sächsischen Landestalsperrenverwaltung (LTV), also des Freistaates Sachsen übergegangen ist (siehe dazu auch „Staatsbetrieb wurde 1992 gegründet“).

Axel Bobbe, Leiter des zuständigen LTV-Betriebes Elbaue/Mulde/Untere Weiße Elster in Rötha bei Leipzig, sagt der MZ dazu: „Das Fährhaus wurde von der LTV zuerst einmal gekauft, weil der Eigentümer es angeboten hat.“ Begründet habe Michael Mattersteig seinen Schritt gegenüber der LTV mit der nicht gegebenen Rentabilität des Hauses, das nur über Sommer ausreichend Umsatz erwirtschafte. Er sei gleichzeitig Pächter der Gaststätte und Pension vom Waldbad in Dommitzsch, wolle sich auf deren Betrieb, der wohl aussichtsreicher erscheine, konzentrieren und den Verkaufserlös vom Fährhaus dort investieren.

„Für die LTV“, so Axel Bobbe weiter, „haben bei dem Erwerb des Fährhauses natürlich wasserwirtschaftliche Gesichtspunkte eine Rolle gespielt.“ Um diese deutlicher zu machen, holt der Betriebsleiter aus Rötha etwas weiter aus. Entlang der Elbe seien von der LTV, beginnend nördlich von Riesa bis Dommitzsch insgesamt fünf Polder (eingedeichte Areale für kontrolliertes Fluten im Hochwasserfall) vorgesehen. „Der erste bei Außig zwischen Belgern und Riesa befindet sich im Genehmigungsverfahren“, beschreibt er den Stand der Dinge um bezüglich der übrigen vier geplanten Baustellen zu vertrösten: „Sie folgen schrittweise.“ Was, wie sollte es anders sein, vom verfügbaren Geld abhänge. Die Vorplanungsuntersuchungen seien jedoch in allen Fällen gemacht. Mit weiterreichenden Finanzmitteln rechnet er erst ab 2017.

Dafür schildert Axel Bobbe eine hoffnungsvolle Perspektive für die Zeit nach der Fertigstellung der Polderkette: „Wenn sie steht, kann man jedes Jahrhundert-Hochwasser an der Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt um 40 Zentimeter absenken.“ Das sei sehr viel und besonders wichtig, weil der Hochwasserschutz nach Sachsen-Anhalt hinein, unter anderem bis Wittenberg, dadurch spürbar entlastet werde. „Die Oberlieger entlang der Elbe denken also nicht nur an sich!“

Das Fährhaus nun, um auf den Ausgangspunkt zurück zu kommen, stehe an der tiefsten Stelle des bei Dommitzsch vorgesehenen Polders. Drei theoretische Möglichkeiten sieht Axel Bobbe daher für den Umgang mit der Immobilie: „Man kann das Fährhaus aus der Polderfläche herausnehmen, es extra eindeichen“ oder - sinngemäß - das Gebäude beim nächsten großen Hochwasser einfach fluten und abwarten, wie hoch der Schaden ausfällt. Zu der letztgenannten Variante merkt der LTV-Betriebsleiter an, dass der Polder ja statistisch gesehen nur einmal in 100 Jahren geflutet werde. Ebenso macht er deutlich, dass bezüglich der drei Varianten zum Umgang mit dem Fährhaus noch keine Entscheidung gefallen sei. Aber: Der Aufwand, das Haus zu schützen, sei dreimal so teuer wie der Kauf der Immobilie war. Für eine längerfristige Weiternutzung des Komplexes müssten zudem viele und ziemlich kostspielige baurechtliche Auflagen erfüllt werden, zum Beispiel zur flutsicheren Entsorgung des Abwassers. Durch die Blume gesagt, wird wohl der Abrissbagger über kurz oder lang das Schicksal des Gebäudes besiegeln.

Bis dahin gilt laut Axel Bobbe: „Eine weitere Verwendung des Fährhauses wird geprüft.“ Es gebe allerdings bis dato keinen ernsthaften Interessenten, der es als Gaststätte fortführen möchte. Aus dem nordsächsischen Landratsamt in Torgau dringe jedoch die Kunde, dass man erwäge, das Haus übergangsweise als Unterkunft für Asylbewerber herzurichten.