Diest-Hof feiert Sommerfest Diest-Hof feiert Sommerfest: Verzicht statt Kaufrausch
Seyda - Die Gitarren-Riffs werden immer lauter und künden das Ende der Geschichte an. Innerhalb von Sekunden und mit lautem Getöse stürzt die Scheinwelt der unzufriedenen Fischersfrau in sich zusammen, die selbst auf dem Thron keine Ruhe findet und jedes Maß verliert. Der Abstieg von der Herrscherin der Welt in die als „Pissputt“ bezeichnete Hütte kommt folgerichtig.
Sie hört nicht auf die Warnungen ihrer Mannes, der von einem kapitalen Karpfen mehrere Wünsche erfüllt bekommt, der Nachbarn oder der Hausangestellten, die gegen einen Roboter ausgetauscht wird. Der mit viel Applaus bedachte Auftritt der Theatergruppe AugustinusDiestler, die das bekannte Märchen „Vom Fischer und seiner Frau“ frei interpretieren, regt zum Nachdenken an und soll an die wesentlichen Dinge im Leben erinnern. Denn das Motto des Sommerfestes lautet: Weniger ist mehr?
Der Leiter des Diest-Hofs in Seyda, Diakon Andreas Gebhardt, betont, dass die Menschen mit Konsumartikeln überschüttet werden, deren Haltbarkeitsdatum schnell abläuft. „Früher“, sagt er, „habe ich mein Auto bald wieder in Zahlung gegeben. Jetzt fahre ich es ein paar Jahre länger.“ Zudem achte er beim Kauf von elektronischen Geräten auf den Hersteller und die Langlebigkeit des Produkts, denn im Lauf der vergangenen Jahre habe sich viel Elektroschrott angesammelt.
Pfarrer Christoph Krause würdigt in seiner Predigt das Motto der Veranstaltung und ruft lautstark in die Menge, dass es wichtig sei, intensiv Zeit miteinander zu verbringen. Die Menschen sollen vom Geist Gottes erfüllt werden, damit sie niemals den Boden unter den Füßen verlieren.
100 Tricks auf Lager
Karl Ludwig Sell aus Frohburg (Landkreis Leipzig), der als Zauberer „Kalu“ aufritt, macht aus weniger mehr. Er lässt zwar verschiedene Dinge verschwinden, doch dabei zaubert er den Zuschauern stets ein Lächeln ins Gesicht. Der 68-Jährige erzählt, dass er mehr als 100 Tricks auf Lager hat und einige davon seine Erfindung sind.
„Ich schaue anderen Zauberern gern bei der Arbeit zu. Es macht mich wahnsinnig, wenn ich nicht hinter deren Geheimnisse komme“, meint der gelernte Landwirt, der auch an Schulen Zauberunterricht gibt. Seine Frau Heidi, verrät Sell, kann er schon lange nicht mehr aufs Glatteis führen. Sie sieht seine Show aus einem ganz anderen Blickwinkel und lässt sich nicht ablenken. Der 68-Jährige betont, dass die Zeiten mit Tricks am Fließband längst vorbei sind. Die Zuschauer setzen auf magische Show und wollen dazu gute Geschichten hören.
Im Partyzelt werden ebenfalls Geschichten erzählt. „Wir sind mit einer 24-köpfigen Delegation aus dem Erzgebirge angereist“, sagt Dietmar Richter vom Stadtverein Sayda, der die Zusammenarbeit mit dem Heimatverein Seyda sehr lobt. Die Freundschaft, schallt es aus der Runde, sei bei der 800-Jahr-Feier der Bergstadt entstanden.
2007 sind der Spielmannszug und die Trachtengruppe aus dem Jessener Stadtteil im Erzgebirge aufgetreten und haben ihre Herzen im Sturm erobert. Im nächsten Jahr sind die Saydaer Gastgeber des freundschaftlichen Treffens.
Treue Stammkunden
Auf dem gesamten Gelände des Diest-Hofs, hier werden Erwachsene mit geistiger und mehrfacher Behinderung betreut, ist gute Laune die Nummer eins. Es wird gescherzt, gelacht, unkompliziert das Gespräch gesucht. Corinna Passoth und Siegfried Kramer vom Arnsdorfer Storchennest-Hof bieten Saft, Marmelade und Pesto aus eigener Produktion an und erzählen, dass sie zu den Stammkunden des Sommerfestes gehören.
„Wir sind auch Mitglied im Förderverein. Ein Teil unserer Einnahmen kommt der diakonischen Einrichtung zu Gute“, so Kramer, der ganz nebenbei noch Fragen interessierter Kunden beantwortet. Lena Wegener und Paul Pade helfen Henning Steinborn am Spielzeug-Stand. Das Trio kennt sich aus der Grundschule und freut sich über das Wiedersehen.
„Ein bisschen mehr Umsatz wünschen wir uns noch. Die Besucher sind zwar freundlich, doch sie laufen an unserem Stand vorbei.“ Über mangelnde Arbeit müssen sich Sylke Iversen und Jacqueline Schindler-Bösigk nicht beklagen. Am Second-Hand-Stand herrscht dichtes Gedränge. „Von Schuhen bis Winterjacke geht alles“, sagen die beiden Frauen, die bei Fragen zu Stil und Farbe wichtige Tipps geben. Auch hier lautet das Motto: Weniger ist mehr. Modische Einzelstücke sind der Renner. (mz)