Bei Fischhändlern: Jessener Schüler erhalten Anschauungsunterricht pur
Fünftklässler der Jessener Sekundarschule Nord besuchen Fischgeschäft von Silke und Mario Blei. Wer überraschend aus dem Wasser springt und warum der Chef am Montag zeitig aufsteht.
Jessen/MZ. - Der Hecht geht sofort in den Angriffsmodus über. Silke Blei ist überrascht, die Kinder springen zur Seite. Als der Raubfisch zurück ins Hälterbecken klatscht, spritzt das Wasser in die Höhe – und allen Brillenträgern auf die Gläser. „Der ist der T-Rex unter den Fischen“, meint die Mitinhaberin des Jessener Familienbetriebs, die Sekunden später den anderen Hecht aus dem Kescher gleiten lässt.
Die Sekundarschüler aus Jessen finden diese besondere Biologiestunde mehrstimmig „richtig cool.“ Sie erfahren von Silke und Mario Blei viel über verschiedene Fische, deren Lebensweise oder das Verhalten im Wasser. Zum Abschluss nimmt der Chef einen vier Kilo schweren Karpfen aus und erklärt die Funktionsweise von Kiemen oder Schwimmblase.
„Das ist Anschauungsunterricht pur“, meint die Biologielehrerin der 5a, Ina Wurbs-Herglotz, und ergänzt, dass Fische derzeit als Thema auf dem Lehrplan stehen. In der Schule werde zwar das theoretische Wissen vermittelt, doch wenn die inneren Organe direkt vor den Kindern liegen, sei das wesentlich praxisnaher. Die Lehrerin ist angenehm überrascht, dass die Kinder großes Interesse zeigen. „Die Mädchen sind im Umgang mit den Fischen nicht so empfindlich wie die Jungs gewesen“, klinkt sich Silke Blei ein, die zum Abschied noch kleine Weihnachtsgeschenke verteilt.
Faszinierendes Erlebnis
„Die Fische anzufassen, war total faszinierend. Wels und Stöhr sind schon sehr unterschiedlich“, sagt Lia Schuster, die ihren Vater hin und wieder zum Angeln begleitet. Es sei super, dass Familie Blei den Schülern die Möglichkeit biete, die Innereien aus der Nähe zu betrachten. Klassenkamerad John Paul Trawert hat bereits die Jugendfischerprüfung absolviert und ist daher in die Welt der Fische schon etwas tiefer eingetaucht. Der Fünftklässler bezeichnet Angeln als „coole Freizeitbeschäftigung“ und weiß, dass Karpfen und Forelle nicht im selben Hälterbecken leben, da letzterer Fisch eine gute Wasserqualität benötigt und der Karpfen seine Schleimschicht absondert – und damit für Verunreinigungen sorgt. Johannes Bolduan hat ebenfalls die Chance genutzt, über das Schuppenkleid zu streichen. „Der Karpfen war sehr glitschig“, meint der Fünftklässler, bei dem der Hecht einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Aufgrund seiner Körperform, erklärt Silke Blei, schieße er wie ein Torpedo durchs Wasser. Beim Sprung aus dem Becken haben die Schüler zudem gesehen, wie aktiv diese Raubfische sein können. Wie lange hält es ein Karpfen außerhalb der Becken aus? „Im Winter 30 Minuten“, erklärt der Fachmann, der drei Schülern die Flossen mit auf den Weg gibt. „Diesen Wunsch hat auch noch keiner geäußert“, meint der Chef.
Mehrere tolle Tage
Für das Ehepaar stehen jetzt mehrere tolle Tage auf dem Programm. Am Montag ab 7 Uhr schwingt Blei das Filetiermesser, denn zwei Stunden später öffnet das Fischgeschäft am Senatorenweg. 90 Prozent der Kunden haben Karpfenfilets vorbestellt, den Rest teilen sich Lachsforelle und Saibling. „Mich unterstützen zwei Helfer. Allein schaffe ich die Menge nicht“, so Blei, denn viele Kunden essen zum traditionellen Kartoffelsalat am Heiligen Abend Fisch. Für Kurzentschlossene gilt: Eine Vorbestellung der gewünschten Produkte ist dringend notwendig.
Die zweite Welle erwarten sie am 30. und 31. Dezember. Auch an diesen Tagen öffnen sich ab 9 Uhr die Türen. 100 Kunden sind keine Seltenheit. Die Nachfrage nach Fisch sei gleichbleibend hoch. Mit dem Angebot fertige Filets, stets frisch geschnitten, ist ihnen ein Verkaufsschlager gelungen. „Andererseits“, erklärt der Geschäftsmann, „nehmen manche gern den Kopf mit, um sich daraus einen guten Sud zu kochen.“
Das Geschäftsjahr 2024 ist aus ihrer Sicht sehr durchwachsen verlaufen. Der Herbst ist das beste Beispiel dafür. Im Oktober hat der Laden gebrummt, einen Monat später sei der Verkauf übersichtlich gewesen, ab Dezember ging es mit Schwung steil bergauf. „Wir sind zufrieden“, heißt es unisono.
Was kommt bei der Familie Blei am 24. Dezember auf den Tisch? „Zum Kartoffelsalat gibt es Wels“, verrät der Experte, Würstchen stehen mit auf dem Speiseplan. Nach Tagen harter Akkordarbeit setzt sich das Ehepaar zur Abwechslung Silvester an den gedeckten Tisch. „Das hat bei uns Tradition. Da kocht meine Schwiegermutter ein Überraschungsessen“, so Blei. Information: Das Fischgeschäft von Silke und Mario Blei am Jessener Senatorweg ist am 23. und 30. Dezember von 9 bis 12 Uhr und von 13 bis 17 Uhr sowie am Heiligen Abend und an Silvester von 9 bis 11 Uhr geöffnet.