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Ausstellung in Herzberg Ausstellung in Herzberg: Urkunden verheißen Spannendes

Von Gabi Zahn 16.10.2015, 19:02
Herzbergs Heimathistoriker Ulf Lehmann betrachtet ehrfürchtig das älteste Dokument aus dem Jahr 1239. Es gilt, in Ermangelung einer Gründungsurkunde, als Ersterwähnung der Stadt Herzberg.
Herzbergs Heimathistoriker Ulf Lehmann betrachtet ehrfürchtig das älteste Dokument aus dem Jahr 1239. Es gilt, in Ermangelung einer Gründungsurkunde, als Ersterwähnung der Stadt Herzberg. Gabi Zahn Lizenz

Herzberg/Jessen - Noch bis Ende Oktober gibt es im Herzberger Bürgerzentrum eine Ausstellung historischer Urkunden. Sie lassen auch das Herz von heimatgeschichtlich interessierten Menschen aus dem Jessener Land höher schlagen. Es handelt sich um 20 Original-Schriftstücke aus dem Zeitraum 1239 bis 1735. Sie stellen eine Auswahl aus insgesamt 81 Dokumenten dar. Auf dem Dachboden des Herzberger Rathauses und anderenorts hatten sie die Zeiten überdauert. Zuletzt lagerte alles in einer „Schatzkiste“ im Amtszimmer von Bürgermeister Michael Oecknigk (CDU). Im März 2013 wurden die Dokumente auf Initiative der Heimathistoriker Ulf Lehmann und Horst Gutsche an Prof. Dr. Klaus Neitmann, Direktor des Brandenburgischen Landeshaupt- archivs (BLHA), und seine Mitarbeiterin Bianca Else übergeben. Sie übernahmen die wissenschaftliche Aufarbeitung. Im November 2013 gab es erste Ergebnisse. Jetzt sind alle Urkunden gesichtet.

Auf anderweitige Quellen angewiesen

Ulf Lehmann ist sich sicher: „Der Inhalt verheißt auch Jessener Bürgern eine spannende Zeitreise. Immerhin verbindet Jessen und Herzberg eine 700-jährige gemeinsame Geschichte, und Urkunden unserer Landesherren sieht man in so einer Masse nicht jeden Tag. Zudem ist die Stadt Jessen in den Jahren 1646 und 1729 fast komplett, einschließlich des Rathauses, abgebrannt. Deshalb gibt es heute vor Ort keinerlei schriftliche Zeugnisse aus dieser Zeit.“ Hiesige Heimatgeschichtler seien deshalb stets auf größere Archive oder vergleichende Studien mit Nachbarstädten angewiesen.

Ein Dokument aus der Sammlung der 81 Original-Schriftstücke dürfte für Jessens Stadtgeschichte besonders spannend sein. Lehmann: „Es handelt sich um eine bisher unbekannte Jessener Handwerksordnung. Es ist die „Ordnung der Zunft des Jessener Schusterhandwerkes“ anno 1559. „Ihr Auftauchen kommt einer kleinen Sensation gleich“, schwärmt der Heimatgeschichtler. Was das Dokument beinhaltet, beschreibt Lehmann wie folgt: „Auf Bitten der Jessener Meister und in Abstimmung mit dem dortigen Rat und des Schweinitzer Amtmannes bestätigt Kurfürst August von Sachsen den Schustern die besagte Ordnung. Sie beinhaltet allgemeine Regeln für die Lehrausbildung, der Meisterwerdung und der Verarbeitung von Leder zur Schuhherstellung. Weiterhin wird der Umgang der Meister untereinander festgelegt, auch Bedingungen ihres persönlichen (christlichen) Lebenswandels, ebenso die Durchführung von Beerdigungen. Interessant ist die Erwähnung mehrerer städtischer Märkte, einer Jessener Lohmühle (zum Leder gerben) und zweier Brunnen auf dem Markt.“ Zudem verdeutlicht Ulf Lehmann: „Die Bedeutung des Schusterhandwerks geht auch daraus hervor, dass sich im Jahr 1804 von 320 Hausgrundstücken in Jessen insgesamt 24 im Eigentum von Schuhmachermeistern und Gesellen befanden.“

Für jedermann einsehbar

Diese Zunftordnung sei in der jetzigen Herzberger Ausstellung leider nicht zu sehen, bedauert Lehmann. Nach Erscheinen des Herzberger Urkundenbuches, das die Inhalte aller 81 aufgearbeiteten Dokumente beschreibt, ist der Text jedoch für jedermann einsehbar. Angekündigt ist das Werk für 2016. (mz)