Als Kind beim Rübenhacken spätere Heirat vorhergesagt
RUHLSDORF/MZ/MAY. - Das geschah nachmittags in Ruhlsdorfs Kirche und im Jessener Schützenhaus. Doch bereits am Vormittag besuchten Gratulanten die seit 50 Jahren Verheirateten, denen an diesem besonderen Tag ein breites Lächeln in die Gesichter gezeichnet war. Unter den Gästen befand sich Jessens Bürgermeister Dietmar Brettschneider. Nach und nach trafen die Familienmitglieder ein, gegen Mittag war Erinnerungsfoto-Termin.
Vier Kinder hat das Ehepaar Henze. Dorothea, mit der Mutter Irmgard bei der Trauung bereits schwanger war, wurde im März 1959 geboren. Es folgten Simone 1964, Detlef 1968 und Kathleen 1979. Inzwischen rechnen auch 13 Enkelkinder und vier Urenkel zu den Nachkommen. Der älteste Urenkel ist elf Jahre, der jüngste gerade eins. Urenkel Nummer fünf wird im Januar erwartet. Dieter Henze resümierte: Mit 36 Jahren sei er schon Opa geworden, mit 57 Urgroßvater. Da sei zumindest theoretisch drin, dass er noch die Ururgroßvaterschaft erlebe.
Die Heirat 1958 fiel spartanisch aus, wie Irmgard Henze erklärte. Die Hochzeitsgesellschaft bestand aus sechs Leuten. "Wir hatten doch nichts." Sie wurde 1938 in Marienburg (heute in Polen) als sechstes von acht Kindern geboren. Ihr Vater blieb im Krieg, ihre Mutter starb mit 36 Jahren auf der Flucht. Tochter Irmgard kam in ein Kinderheim bei Schlieben. Später wurde das Heim nach Jessen (ehemaliges LBK-Gelände) verlegt, und das Mädchen fand in Else Peisker ihre Adoptivmutter. Die holte sie 1949 nach Ruhlsdorf. Irmgard arbeitete in der elterlichen Landwirtschaft, ab 1958 in der LPG. 1965 machte sie ihren Facharbeiter für Rinderzucht und war dann 29 Jahre im Stall tätig. Nach der Wende (1991) wagte sich Familie Henze als Wiedereinrichter in die Selbständigkeit, seither ist Dieter Henze auch als Kremserfahrer ein Begriff. Er, Jahrgang 1940, stammt aus Zellendorf. Mit einem Jahr kam er nach Ruhlsdorf, weil sein Vater von dort war, von dem Grundstück, das noch heute der Familie gehört. Dieter begann eine Lehre als Schmied, musste sie jedoch wegen seines steifen Arms, Folge eines Unfalls als 13-Jähriger, abbrechen. Dann arbeitete er bei Bauern und besuchte die Landwirtschaftsschule. 1957 zog es ihn wegen seiner Pferdeliebe in die LPG. 54 Mark im Monat erhielt er anfangs. Von 1959 bis 1974 war er Melker, 1962 bis 1964 qualifizierte er sich zum Melkermeister. Trotz seines Handicaps belegte er beim Kreis-Leistungsmelken den ersten Platz und im Bezirk Cottbus den dritten. Ab seinem 18. Lebensjahr war er Gemeindevertreter, 1974 wählte man ihn zum Bürgermeister. Bis 1979 bekleidete er dieses Amt in Ruhlsdorf, anschließend bis 1990 in Seyda, danach noch einmal in Ruhlsdorf bis zur Eingemeindung nach Jessen 2001. Bis 2006 fungierte Dieter Henze noch als Stadtteilbeiratsvorsitzender. 1992 wurde er zudem Vorsitzender des Unterhaltungsverbandes Schwarze Elster, und das ist er bis heute, inzwischen als Dienstältester in Sachsen-Anhalt.