177. Schul- und Heimatfest in Jessen 177. Schul- und Heimatfest in Jessen: Jürgen Kase trifft königlich

Jessen - 44 Mitglieder zählt die Jessener Schützengilde derzeit. Alle waren sie startberechtigt beim jüngsten Königsschießen auf dem Kleinkaliber-Stand in der Mühlberger Straße. Aus den Reihen der Akteure wurden am Samstagabend beim Schützenball im Festzelt die Besten gekürt. Jürgen Kase hatte gar königlich getroffen und löste damit Vorgänger Uwe Kirchhof als Träger der Königswürde ab. Ihm zur Seite gesellten sich Hartmut Klinger als Erster Ritter und Dirk Homolka als Zweiter Ritter.
Parallel dazu hatte das Schießen um den Bürgerschützenkönig stattgefunden. 23 Frauen und Männer schrieben sich in diese Starterliste ein und am Ende konnte mit Konstanze Braucks eine Frau über den Titel Bürgerschützenkönigin jubeln. Sie brachte es auf 61 von 100 möglichen Ringen.
Immer fünf Schuss zur Probe
Wie beim Vereins-Königsschießen standen ihr fünf Schuss zur Probe und zehn Schuss für die Wertung zur Verfügung. Allerdings durften die Bewerber um den Bürgerschützenkönig so viele Durchgänge mit dem Kleinkaliber-Gewehr auf 50 Meter Distanz in Angriff nehmen wie sie wollten, die Vereinsmitglieder hatten für ihre Qualifizierung nur jeweils einen Durchgang. Bei ihnen mussten dafür die besten 15 dann in einer zweiten Runde noch einmal je fünf Schuss abgeben. Und die besten Zehn davon wiederum waren in der Endrunde. Das bedeutete: pro Anwärter jeweils ein Schuss auf die Königsscheibe.
Der Nachwuchs kam bei der Veranstaltung am Samstagnachmittag ebenfalls nicht zu kurz. Mit der Armbrust und Saugnapf-Pfeilen ermittelten interessierte Mädchen und Jungen ihren Kinderschützenkönig. Diesen Titel konnte letztlich Niklas Homolka einheimsen, er schoss bei fünf Versuchen auf eine Zehner-Scheibe 46 Ringe.
Auch wenn die Schützengilde Jessen gerade ihren 25. Jahrestag begeht, blickt sie doch auf eine viel längere Schützentradition zurück. Bereits aus der Zeit vor über 500 Jahren, so Vereins-Chef Jürgen Carius, gibt es dazu Überlieferungen. Ebenfalls aus dem 17. Jahrhundert. Mit Freude geschossen wurde auch nach dem 30-Jährigen Krieg. „Mitte des 18. Jahrhunderts war es üblich, Schieß- und Exerzierübungen von Himmelfahrt bis Bartholomäus (24. August) durchzuführen. In dieser Zeit wurde als Stiftung des Kurfürsten eine neue Fahne angeschafft, die alte ist beim Stadtbrand 1728 zerstört worden.“
1740 hat der Magistrat in Jessen die erste bekannte Schützenordnung bestätigt. Im 19. Jahrhundert wurde das Schießhaus erneuert. Mitte des 19. Jahrhunderts gab es in Jessen gleich drei Kompanien: Schützen, Jäger und Grenadiere. Zwei Vereinsfahnen verlieh der Preußische König und die Schützenordnung wurde überarbeitet. Ein Tranksteuer-Prozess ruinierte den Verein beinahe, 1899 jedoch feierte die Gilde das 350-jährige Schützen- und das 50-jährige Fahnen-Jubiläum. Bis 1945 wurde diese Tradition kontinuierlich hoch gehalten. In der Nachkriegszeit bis zur Wende gab es keine Schützengilde.
KK-Anlage 1984 gebaut
Die Kleinkaliber-Anlage (KK) in der Mühlberger Straße wurde übrigens 1984 von der damaligen GST (Gesellschaft für Sport und Technik) errichtet. Die Schützengilde nutzt sie seit ihrer Neugründung 1990. Weitere Details aus der Geschichte des Vereins gab dessen Vorsitzender Jürgen Carius (seit 2007 in diesem Amt) beim Schützenball zum Besten (siehe auch „Seit über 500 Jahren“) - eingebettet zwischen Büfett und Disco-Tanzvergnügen im Bunde mit befreundeten Gastschützenvereinen aus Seyda, Schönewalde und Annaburg. Ebenfalls anwesend waren Eckhard Okon und Dieter Lübbers, Präsident und Erster Vizepräsident vom Kreisschützenverband Wittenberg 1990 e.V. Schließlich stand das Jessener Königsschießen unter der großen Überschrift des 25-jährigen Gilde-Jubiläums.
„Am 2. Mai 1990 fanden sich 19 Bürger der Stadt Jessen unter dem damaligen und dann Ersten Vorsitzenden Dietmar Brettschneider, dem stellvertretenden Vorsitzenden Hans-Otto Dexheimer und dem Schatzmeister Jochen Hain zusammen, um die Tradition der Schützengilde Jessen, bis 1992 noch als Schützenverein Schwarz-Gelb aktiv, wieder aufleben zu lassen.“ Daran erinnerte Jürgen Carius neben anderem am Abend.
Heute heißen der stellvertretende Vorsitzende Frank Puhlmann und der Schatzmeister Herbert Paulat. Aus Dietmar Brettschneider ist der Ehrenvorsitzende der Gilde geworden und aus Hans-Otto Dexheimer und Jochen Hain Ehrenmitglieder. Das Mitgliederhoch von fast 120 Leuten 1994 ist Vergangenheit, dennoch gibt es immer wieder Neuaufnahmen, am 1. Juli erst diejenige von Ralf Walrafen. (mz)

