Nach Kamera-Diebstahl Nach Kamera-Diebstahl: Steht Milan-Projekt im Windpark auf der Kippe?

Gerbstedt - Die Diebe, die am vergangenen Wochenende im Windpark Gerbstedt sieben Kameras gestohlen und einen Schaden von 100.000 Euro verursacht haben, haben möglicherweise auch ein wichtiges Forschungsprojekt scheitern lassen.
„Wir müssen nun die Daten, die uns bis jetzt vorliegen, auswerten und sehen, ob sie ausreichen“, sagt Jens Schöttler, Geschäftsführer des Hamburger Unternehmens „erneuerbare energien europa e3“ aus Hamburg und Projektleiter.
Nur zehn von 23 Beobachtungstagen geschafft
Die gestohlenen Kameras waren Teil eines Forschungsprojektes, das Großvögel vor Zusammenstößen mit den Windkraftanlagen schützen sollte. Dazu wurden seit Mai Daten erhoben. Zum einen ging es darum, wie „treffsicher“ das System beim Unterscheiden verschiedener Vögel ist und zum anderen, wie effektiv die Windkraftanlagen angehalten werden können.
„Dass die Kameras weg sind, ist gelinde gesagt total unschön“, sagt Schöttler. „Mit dem System wurden drei Anlagen angehalten, wenn sich Vögel näherten. Das funktioniert natürlich nicht mehr.“ Aktuell schätzt er zwar ein, dass genügend Daten vorhanden sind, doch wirklich sicher sein kann er sich erst nach der Auswertung. „Wir hatten 23 Beobachtungstage angesetzt und erst zehn geschafft, bevor die Kameras gestohlen wurden.“
Im vergangenen Jahr wurde das System zunächst am Galgenberg bei Helfta angelernt. Dort wurde eine automatische Vogelbeobachtungsstation errichtet. Mithilfe künstlicher Intelligenz kann das System nun selbst unterscheiden, ob der Vogel, den es am Himmel entdeckt hat, ein Rotmilan, Schwarzmilan oder Bussard ist - vorausgesetzt, die Kameras sind funktionstüchtig.
Diebe nutzten Spezialleiter
Wie Antje Hoppen, Sprecherin der Polizeiinspektion Halle, sagt, waren die Täter zunächst über einen Zaun geklettert und hätten dann mit einer speziell umgebauten Leiter den rund zehn Meter hohen Kameramast gekappt.
„Am Boden haben sie die Kameras dann abmontiert und mitgenommen.“ Das Diebesgut wurde dann mit einem Fahrzeug, möglicherweise mit einem Quad abtransportiert. Die Polizei ermittelt nun wegen Diebstahls im besonders schweren Fall.
Testlauf muss vielleicht im Frühjahr wiederholt werden
Jens Schöttler berichtet, dass es das erste Mal ist, dass seinem Unternehmen durch Diebstahl ein so hoher Schaden entstanden ist. „Aus Windkraftanlagen oder Baustellen wird öfter mal gestohlen, vor allem Moniereisen, Kupfer, alles, was nicht niet- und nagelfest ist. Aber so etwas haben wir noch nie erlebt“ Er hofft nun, dass die Polizei den Dieben auf die Schliche kommt.
„Rechnet man alles zusammen, den materiellen und immateriellen Schaden, liegt er sogar bei über 200.000 Euro“, sagt Schöttler. Der Grund: Sollten die Daten aus der Erhebung nicht ausreichen, müsste der Testlauf im Frühjahr wiederholt werden, wenn die Rotmilane aus den Winterquartieren zurück ist. Dann müssen auch die Ornithologen, Wissenschaftler und viele anderer Akteure, die das Projekt begleiten, ihre Arbeit wiederholen. (mz)
Hinweise zum Diebstahl nimmt das Polizeirevier Mansfeld-Südharz unter Telefon 03475/67 00 entgegen.
