Eisleben und Hettstedt Eisleben und Hettstedt: 70 Mitarbeiter der Bahr-Baumärkte überraschend gekündigt

Hettstedt/Eisleben/MZ - Fassungslosigkeit macht sich unter den Kunden und Mitarbeitern der beiden Max Bahr-Baumärkte in Hettstedt und Eisleben breit. Seit einer Woche läuft der Abverkauf. Die rund 70 Mitarbeiter haben am Mittwoch völlig unangekündigt nun auch ihre Kündigungen zugestellt bekommen.
Und das, obwohl sie eigentlich vom Insolvenzverwalter Christopher Seagon vor Wahl gestellt wurden, entweder Kündigung oder die Aufnahme für zwei bis sechs Monate in eine Auffanggesellschaft. Diese Gesellschaft existiert jedoch nach Auskunft der Gewerkschaft Verdi noch gar nicht. „Wir haben das der Konzernleitung zwar abgerungen, aber der Gläubigerausschuss hat sie noch nicht bestätigt“, war bei Verdi zu erfahren.
Belegschaft zum Teil zwei Jahrzehnte dabei
Die Konzernleitung selbst bestätigt nichts und dementiert auch nichts. „Ich muss am Freitag selbst meinen Stuhl räumen“, erklärte die Pressesprecherin des Unternehmens auf Anfrage. Auch Holger Vosskuhl, der Pressesprecher des Insolvenzverwalters, verweist auf Nachfrage lediglich auf bereits veröffentlichte Pressemeldungen. „Zu einzelnen Märkten können wir gar nichts sagen“, tat er kund. Dabei wurde den Mitarbeitern von der Insolvenzverwaltung versprochen, dass man offen kommunizieren und die Belegschaft auf dem Laufenden halten werde, bestätigten mehrere Angestellte. „Man versucht uns nur ruhig zu stellen und klein zu halten“, klagt ein langjähriger Mitarbeiter.
Das Unternehmen Max Bahr wurde 1879 gegründet, 1956 von Peter Möhrle übernommen und ausgebaut zu dem Baumarkt, wie man ihn heute kennt.
2007 verkauft Möhrle die inzwischen 75 Märkte an Praktiker. Dort sollte eine Premiummarke neben der durch die „20 Prozent auf alles, außer Tiernahrung“, bekannten Discountmarke etabliert werden - nun sind beide pleite.
Möhrles Sohn Dirk interessiert sich jetzt für die damals verkauften Märkte und ist noch zusammen mit Hellweg im Bieterverfahren. Die kürzlich umgeflaggten Praktiker-Märkte werden dagegen geschlossen. (JR)
Von dem bevorstehenden Abverkauf haben die Belegschaften erst erfahren, als sie vor einer Woche auf Arbeit kamen. „Bis dahin hatten wir noch Hoffnung“, so der Mitarbeiter, der zu jener Hälfte der Belegschaft gehört, die schon seit zwei Jahrzehnten in den beiden Märkten beschäftigt ist. In Eisleben liegt dies noch weiter zurück, denn der Baumarkt im Gewerbegebiet 3E wurde als Wirichs drei Jahre vor dem in Hettstedt eröffnet. Viele der Angestellten, die seit de ersten Stunde dort arbeiten, sind um die 50 und fragen sich, was aus ihnen jetzt werden soll.
Bis 25. Januar müssen die Läden leer sein
Auch die Kunden sind völlig irritiert. Horst Vater aus Eisleben hat noch einen 20-Euro-Gutschein, den er nicht mehr einlösen kann, seitdem die Insolvenz läuft. „Ihr habt doch erst vor kurzem als Max Bahr neu eröffnet, was soll das denn jetzt“, ist eine der häufigsten Reaktionen auf die nun feststehende Schließung spätestens zum 25. Januar 2014. Bis zu diesem Tag müssen die beiden Läden leer sein.
„Wir laufen Gefahr, dass wir so schnell keinen Nachfolger finden“ beklagt Herbert Doetsch, der Vermieter der Eisleber Immobilie. Er stünde zwar noch mit zwei Interessenten in Verhandlungen, will sich aber vorsorglich mit der Stadtverwaltung wegen einer Nutzungsänderung des Objektes auseinandersetzen. Die Halle in Eisleben darf laut der vorliegenden Genehmigung, so wie die in Hettstedt auch, nur als Baumarkt genutzt werden.
Nicht nur unter den Mitarbeitern wird von offensichtlichem Missmanagement gesprochen. Während die Kette von 2011 bis Anfang 2013 bereits rote Zahlen im dreistelligen Millionenbereich schrieb, wurde gleichzeitig ein hoher zweistelliger Millionenbetrag, es wird von 80 Millionen Euro gesprochen, an Beratungsunternehmen gezahlt.