Hilfe in Notlagen Eisleben: Beratung und Unterstützung bei Pro Familia

Eisleben/Hettstedt - Am Ende klingelt das Telefon unerwarteterweise. Johanna Walsch greift zum Hörer, es muss schnell gehen. „Gleich heute, 16 Uhr?“, fragt die Leiterin der Schwangerschaftsberatungsstelle „Pro Familia“. Eigentlich sei zwischen den Jahren wenig los, erzählt Walsch. Doch wenn, dann sei es meist dringend, und nicht selten geht es um Schwangerschaftsabbrüche.
Seit 2016 leitet sie die Beratungsstelle in der Halleschen Straße in Eisleben. Es ist die einzige im Mansfelder Land. „Wir sind der Ansprechpartner für die, die schwanger geworden sind“, sagt die Leiterin.
Eisleben: Beratung in Notlagen
Vor allem geht es dabei um Notlagen: ungewollte Schwangerschaften, Konfliktberatung, familiäre Probleme. Doch auch Paar- und Sexualberatung, Rechtshilfe oder Unterstützung bei Wohnungssuche und finanziellen Schwierigkeiten infolge von Schwangerschaften gehören dazu.
Drei Beraterinnen, zwei Sexualpädagoginnen und eine Mitarbeiterin in der Verwaltung arbeiten hier. Mit dem Projekt „Jetzt schon ein Kind!?“ ist das Team zudem an Schulen im ganzen Landkreis unterwegs und klärt Acht- und Neuntklässler auf.
Pro Familia: Vertraulichkeit und Autonomie sind wichtig
Üblicherweise wird im Voraus ein Termin in der Beratungsstelle ausgemacht. „Doch manchmal stehen die Leute einfach vor der Tür“, sagt Walsch. Wichtig bei ihrer Arbeit: Vertraulichkeit und Autonomie der Klienten - vor allem, wenn es um das Thema Schwangerschaftsabbruch geht.
Beratungsstellen von „Pro Familia“ gibt es in Sachsen-Anhalt insgesamt neun Mal. Neben dem Angebot in Eisleben - dem einzigen im Landkreis Mansfeld-Südharz - gibt es Beratungsstellen in Halle, Magdeburg, Dessau-Roßlau, Zeitz, Weißenfels, Quedlinburg, Stendal und Osterburg.
In Sangerhausen gibt es zudem eine Beratungsstelle der Arbeits- und Bildungsinitiative, die ebenfalls Schwangerschafts- und Schwangerschaftskonfliktberatung anbietet.
In den anderen Landkreisen finden sich zudem Angebote unter anderem von AWO, DRK oder Diakonie. Die Beratungsstellen des katholischen Trägers Caritas bieten keine Schwangerschaftskonfliktberatung an.
›› Alle Beratungsstellen unter ms.sachsen-anhalt.de
„Wir setzen uns dafür ein, dass die Frau selbstbestimmt die Entscheidung treffen kann. Die Gespräche werden ergebnisoffen geführt“, sagt Walsch. Für einen Abbruch gibt es in Deutschland klare Regeln: Er muss in den ersten zwölf Wochen erfolgen, eine kostenlose Beratung - wie hier bei „Pro Familia“ - ist Pflicht und zwischen Beratung und Abbruch müssen drei Tage liegen.
Dennoch sei das Thema nicht wirklich in der Gesellschaft angekommen. „Viele wissen gar nicht, dass Schwangerschaftsabbruch im Strafgesetzbuch steht.“ Die Debatte um den Paragrafen 219a, das sogenannte Werbeverbot für Abtreibungen, habe einiges angestoßen.
Schwangerschaftsabbruch: Unterstützung von Frauen
Es bedürfe aber es noch viel Aufklärung. Auch, um mit Mythen aufzuräumen - „etwa, dass man nach einem Abbruch nicht wieder schwanger werden kann.“ Beratungsstellen müssten daher sichtbarer und mehr Frauen unterstützt werden. „Viele ändern ihre Einstellung zum Thema, wenn sie selbst in einer Notlage sind.“
Zu den Klienten gehören freilich auch Minderjährige - Mädchen, die etwa mit 14 schwanger sind. Viele wollten das Kind in diesem Alter behalten, so Walsch. „Es ist auch nicht unüblich, dass Frauen das fünfte oder sechste Kind bekommen haben und immer wieder zu uns kommen.“
„Pro Familia“ in Eisleben deckt komplette Mansfelder Land ab
Dann geht es häufig um finanzielle Unterstützung der Schwangerschaft. „Wir vermitteln Hilfe“, sagt Walsch. So helfe man dabei, Gelder der Bundesstiftung „Mutter und Kind“ oder beim Jobcenter zu beantragen. Darüber hinaus unterstütze man auch Frauen, bei der sogenannten vertraulichen Geburt im Krankenhaus anonym zu bleiben.
Und: Walsch und ihr Team beraten zum Thema Wechseljahre, „definitiv noch ein Tabuthema“, sagt sie. Viel zu wenige Frauen würden hierzu ins Gespräch kommen wollen.
Mit der Arbeit muss „Pro Familia“ indes das gesamte Mansfelder Land abdecken. „Es ist ein Problem, dass Hettstedt keine eigene Beratungsstelle hat“, sagt Walsch. Gerade in finanziell schwächeren Haushalten könne allein die Fahrkarte nach Eisleben eine Hürde sein.
›› „Pro Familia“, Hallesche Straße 82, 06295 Eisleben, geöffnet Mo., Di., Do., Fr. 9-12 Uhr, Di./Do. auch 14-18 Uhr, Tel. 03475/696697; www.profamilia.de (mz)