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Zeppelin, Clown und Stars der Ufa

Von Martina Springer 28.07.2006, 15:51

Halle/MZ. - "Ich griff sofort zur Kamera. Gott sei Dank war ein Film drin", erzählt der mittlerweile 87-Jährige. So entstanden zwei Aufnahmen von dem am Himmel ziehenden Zeppelin, die heute Seltenheitswert haben dürften.

Das Haus, in dem Otto Eichhorn in jener Zeit wohnte, stand gleich an der Ecke zur Ludwig-Wucherer-Straße. Deshalb sieht man auf dem Foto auch noch die Spitze eines eisernen Turms, der, so erinnert sich Eichhorn, damals von Schlossermeister Andrae aus der Dachritzstraße gebaut worden war, zur landwirtschaftlichen Fakultät der Universität gehörte und später abgerissen wurde. "Es war wohl so eine Art Wetterturm."

Kamera als Geschenk

Noch viel mehr solcher Geschichten kann der Ur-Hallenser erzählen. Alle drehen sich um Bilder und seine Spiegelreflexkamera, die er einst zu Weihnachten geschenkt bekam. Denn er arbeitete zwar sein Lebtag als Versicherungskaufmann im väterlichen Versicherungsbüro, sein großes Hobby aber war die Fotografie. Vor allem die "Halleschen Nachrichten" druckten seine Fotos - und zahlten immerhin fünf Mark pro Bild. "Das war damals viel Geld", sagt Eichhorn. "So erzielte ich gleich noch einen Nebenverdienst."

Und er sagt auch: "Ich hatte alle Welt vor der Linse." Dies ist zwar etwas hoch gegriffen, doch tatsächlich finden sich in seinen Mappen und Alben etliche Ablichtungen von Künstlern und anderen Persönlichkeiten, deren Ruhm die Zeiten überdauert hat. Über alle Stürme des Lebens hat er diese kleinen Kostbarkeiten gerettet. "Während der sechs Jahre, die ich im Krieg war, hat meine Mutter viel für mich gesammelt."

Ein Schwarzweißfoto von 1937 zeigt den Clown Charlie Rivel, der als "Akrobat schööön" die Zuschauer zu Begeisterungsstürmen hinriss, am ersten Weihnachtsfeiertag in der Garderobe des Steintor-Varietés. Noch heute ist Eichhorn stolz darauf, dass es ihm gelang, einen der besten Clowns der Welt ganz intim vor dem Spiegel am Schminktisch abzulichten.

Feine Leute abgelichtet

Auch etliche Mimen lernte er kennen und bezeichnet die meisten von ihnen noch heute mit Anerkennung in der Stimme als "feine Leute". Sein Zusammentreffen mit Ufa-Größen wie Willy Birgel, Harry Piel und Karin Hardt und die Möglichkeit, die Schauspieler zu fotografieren, verdankte Otto Eichhorn seiner Bekanntschaft mit dem Kino-Besitzer Künzel. Dessen Lichtspielhaus steht zwar längst nicht mehr, damals aber konnte Eichhorn die Stars, wie man heute sagen würde, bei einem Besuch in Halle hautnah erleben und im Foto festhalten. Darüber habe er sich riesig gefreut. "Außerdem habe ich oft Freikarten bekommen, das war auch nicht zu verachten", sagt er mit leichtem Schmunzeln. Damals sei man schließlich viel häufiger ins Kino gegangen als heute.

Zuweilen, nicht oft, hat Otto Eichhorn den Fotoapparat einen Moment zur Seite gelegt und sich stattdessen selbst ablichten lassen. Wenn es ein besonderes Ereignis war. Das gab es zum Beispiel im Juni 1945. Da feierte Felix Graf Luckner in einer Villa im Mühlweg / Ecke Karl-Liebknecht-Straße mit Freunden und Bekannten seinen Geburtstag. Otto Eichhorn zeigt auf den schmalen jungen Mann, der lächelnd ganz rechts ganz auf dem Foto zu sehen ist: "Das bin ich."