Verkehrsplanung Verkehrsplanung: Künstlerhaus steht Bahnprojekt im Weg

Halle/MZ - Der Ziegelbau mit der markanten Klinkerverblendung am Böllberger Weg wird sicherlich etliche Besucher zum Tag des offenen Denkmals am Sonntag interessieren. Denn das Künstlerhaus 188 öffnet zum ersten Mal aus diesem Anlass die Tore. Es wird jedoch wohl der letzte offene Tag für das Haus sein, denn im Oktober sollen im Stadtrat die Weichen für einen Abriss gestellt werden. 2014 oder 2015 würde das Gebäude, in dem sich seit den 90er Jahren Ateliers und Werkstätten für Künstler befinden, Geschichte sein - so sehen es die Pläne der Stadtverwaltung vor.
Platz für Trassenbau
Das 1892 gebaute und früher als Schule genutzte Haus steht ganz einfach im Weg: Wenn der Böllberger Weg im Zuge des Stadtbahn-Programms saniert werden soll, wird ein gesondertes Gleisbett für die Straßenbahn angelegt - andernfalls gibt es keine Fördermittel. Für den Bau der Trasse wird aber Platz benötigt, der laut Stadt durch den Abriss des Künstlerhauses geschaffen werden kann. Die Baukosten für den Bauabschnitt vor dem „188“ liegen bei insgesamt 4,35 Millionen Euro, der Eigenanteil der Stadt wird mit knapp 524 000 Euro beziffert. Nach Angaben von Halles Baudezernent Uwe Stäglin soll die Havag das Grundstück im Böllberger Weg für rund 1,26 Millionen Euro von der Stadt kaufen, um die Bahntrasse dort entlangzuführen. Das Stadtbahnprogramm soll unter anderem für kürzere Fahrtzeiten zwischen Frohe Zukunft und Beesen sorgen. „Wir ermöglichen mit dem Abbruch aber auch eine Fläche, die wir städtebaulich nutzen können. Ein Abriss tut immer weh, bietet aber auch eine große Chance zur Weiterentwicklung“, so Baudezernent Stäglin.
"Kulturschande"
Nach den Plänen seiner Kollegin, Kulturdezernentin Judith Marquardt, sollen viele Mieter des Künstlerhauses im Gebäude des Stadtmuseums in der Großen Märkerstraße eine neue Bleibe finden. Jürgen Weißbach, der Vorstandsvorsitzende des Vereins Künstlerhaus 188, sieht die Pläne deshalb auch mit einem weinenden und einem lachenden Auge: „Der Abriss des Gebäudes ist eine Kulturschande“, sagte er. Mit dem Umzug des Vereins sei er aber grundsätzlich einverstanden. „Die Kernbestandteile des Vereins passen dort gut hinein.“ Für einen Teil der Werkstätten und Ateliers sollten andere Lösungen gefunden werden. Von dem Umzug in die Stadtmitte verspricht Weißbach sich auch mehr Aufmerksamkeit.
Kulturschande oder nicht - zumindest der Denkmalschutz hat nach Aussage Stäglins nichts gegen den Abriss. „Nach Abwägung aller Interessen kann der Denkmalschutz in diesem Fall zurückstehen.“