Verkehr Verkehr: Halles Gaga-Knöllchen

Halle (Saale) - Es ist eigenartige Post, die 600 Hallenser aus dem Rathaus bekommen haben. Denn statt des - wohl erwartenden - Knöllchens wegen zu schnellen Fahrens erhielten sie quasi einen Persilschein. Denn auf dem Bescheid heißt es, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit von Null Kilometern pro Stunde um Null Kilometer pro Stunde überschritten wurde. Und das noch abzüglich Toleranz. Noch eigenartiger: Die Temposünder sind als Zeugen angeschrieben worden - obwohl sie sich auf dem beigefügten Blitzer-Foto eindeutig als Fahrer erkennen können.
Der Grund für dieses Gaga-Knöllchen: Ein Computerfehler im Rathaus, wie die Pressestelle mitteilte. Nachdem die Daten von den Blitzern automatisch ausgelesen und anschließend von Angestellten kontrolliert wurden, läuft der Prozess automatisch ab. Dazu gehört das Erstellen, das Drucken und das Versenden. Inhaltlich würden die Bescheide in dieser Phase nicht mehr kontrolliert, sagte Tobias Teschner, Fachbereichsleiter Sicherheit, der MZ. Der Programmfehler sei die absolute Ausnahme. In den vergangenen beiden Jahren sind laut Teschner die Bescheide fehlerfrei erstellt worden. Der Fehler sei behoben, von einem Wiederholungsfall sei nicht auszugehen.
Im Stadtrat stößt die Panne auf Erheiterung. „Es zeigt, dass man sich nicht immer auf die Technik verlassen sollte“, sagte Andreas Scholtyssek (CDU), Vorsitzender des Ordnungsausschusses. Verwundert zeigte er sich angesichts der Menge an falschen Knöllchen. „Es müsste doch irgendwo eine Instanz geben, die zumindest noch mal kontrolliert, was auf den Schreiben steht.“ Immerhin: Der Schaden durch das verschwendete Porto dürfte im niedrigen dreistelligen Bereich liegen.
Die Knöllchen-Panne bringt den 600 Hallenser aber keinen Vorteil. Laut Stadt wurden Bescheide mit den richtigen Daten am Montag und Dienstag verschickt. Gezahlt werden muss also dennoch. Das sieht auch der ADAC so. „Ich glaube nicht, dass sich da rechtlich etwas machen lässt“, sagte die Sprecherin des Regionalverbandes Sachsen-Anhalt, Christine Rettig. Denn schließlich gebe es Beweise für die Tempoverstöße. Deutschlandweit sei ihr ein solche, große Panne noch nicht untergekommen. Ein Einspruch gegen das lohne sich indes nur, wenn man von seiner Unschuld wirklich überzeugt sei.
Die Stadt ist auf das Geld auch dringend angewiesen. Denn die Blitzereinnahmen sind im vergangenen Jahr deutlich hinter den Annahmen im Haushalt zurückgeblieben. Die rund 40 000 Tempoverstöße spülten rund 683 000 Euro in die Kasse. Geplant hatte die Stadt mit 1,17 Millionen Euro. (mz)