Untreue-Prozess gegen Halles Oberbürgermeister Urteil des Bundesgerichtshofs: Untreue-Prozess gegen Halles OB Bernd Wiegand wird neu aufgerollt
Karlsruhe - Der Untreue-Prozess gegen Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) muss neu aufgerollt werden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Dienstag entschieden. Die vierte Strafkammer gab damit dem Revisionsantrag der Staatsanwaltschaft Halle statt. Das erstinstanzliche Urteil aus Halle weise "durchgreifende Rechtsfehler" auf.
Der neue Prozess wird am Landgericht in Magdeburg stattfinden. "Die ganze Sache wird von Grund auf neu verhandelt", sagte die Vorsitzende Richterin der Kammer, Beate Sost-Scheible in der mündlichen Urteilsbegründung.
Die Entscheidung des BGH kam überraschend. Denn sowohl die in Karlsruhe zuständige Bundesanwaltschaft als auch die Verteidigung des OB hatten beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Spruch für Wiegand unverständlich
Wiegand selbst wollte sich im Detail nicht zu dem Spruch der BGH-Richter nicht äußern. "Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Sie sind für kommende Woche angekündigt. So lange ich sie nicht prüfen konnte, werde ich mich zu dem Urteil nicht äußern", sagte der OB der MZ.
Allerdings fügte Wiegand hinzu, dass der Spruch unverständlich sei. Strafverteidiger, Arbeitsrechtler, das Landgericht und die Bundesanwaltschaft hätten in seinem Verhalten keine Untreue gesehen. "Für mich habe ich mich rechtskonform verhalten. Das wird das Landgericht Magdeburg feststellen", sagte der OB.
Staatsanwaltschaft fühlt sich bestätigt
Die Staatsanwaltschaft reagierte dagegen erfreut auf den Spruch des BGH. "Wir fühlen uns in unserer Rechtsauffassung bestätigt", sagte Dennis Cernota, Sprecher der Staatsanwaltschaft in Halle. Zunächst müsste aber die Urteilsbegründung des BGH genauestens geprüft werden.
Die Staatsanwaltschaft wirft Wiegand schwere Untreue in drei Fällen vor. Sie geht davon aus, dass der OB seinen drei engsten Mitarbeitern gleich zu Beginn seiner Amtszeit ein höheren Gehalt zugebilligt habe als im Tarifvertrag vorgesehen. Dadurch sei der Stadt bis zum Ende seiner siebenjährigen Wahlperiode ein Schaden von rund 290.000 Euro entstanden.
Wiegand selbst hat diesen Vorwurf stets zurückgewiesen. Er habe eine ausführliche Prüfung vorgenommen, dass die Berufserfahrung der drei Mitarbeiter dieses höhere Gehalt rechtfertigen würde. Zudem sei es für ihn als parteilosem OB schwierig gewesen, gutes Personal, dem er vertrauen könne, zu finden.
Gericht hätte ausführlich prüfen müssen
Die Wirtschaftsstrafkammer in Halle war diesem Punkt Wiegand gefolgt. Er habe einen weitreichenden Ermessensspielraum in dieser Frage. Genau diesen Punkt sieht der BGH anders. Im Gegenteil: Das Gericht hätte ausführlich prüfen müssen, ob das höhere Gehalt wirklich notwendig war, um die drei Mitarbeiter zu bekommen.
Gleiches gelte für vorherigen Berufserfahrungen. Auch hier hätte das Gericht ausführlich prüfen müssen, ob sie die Mitarbeiter wirklich für die neue Aufgabe im OB-Büro besonders qualifizieren würde. Stattdessen habe das Gericht "lediglich die Einlassung des OB übernommen".
Wann der neue Prozess in Magdeburg stattfinden wird, steht noch nicht fest. Darüber wird das Landgericht in der Landeshauptstadt selbst entscheiden.
Der erste Untreue-Prozess in Halle dauerte mehr als sieben Monate mit 24 Verhandlungstagen und 41 Zeugenbefragungen. Auch gegen das kommende Urteil des Landgerichtes in Magdeburg haben sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung des OB erneut die Möglichkeit, Rechtsmittel beim BGH einzulegen. (mz)