Universität Halle-Wittenberg Universität Halle-Wittenberg: 760.000 Bücher ziehen in den Steintor-Campus

Halle (Saale) - Der Steintorcampus, die 52 Millionen Euro teure Vereinigung mehrerer geistes- und sozialwissenschaftlicher Institute in Halles Innenstadt, ist praktisch fertig. Etliche der alten und neuen Institutsgebäude sind bereits bezogen. Überragt werden sie alle von der neuen Bibliothek. Rund 20 Millionen Euro kostet dieser 20 Meter hohe Kubus samt Einrichtung.
Seit drei Wochen werden dort die 760.000 Bände und Medien von insgesamt sieben Zweigbibliotheken der Universität einsortiert. Es ist der umfangreichste Umzug in der Geschichte der Universitäts- und Landesbibliothek, der mit 7,5 Millionen Bänden größten Bibliothek Sachsen-Anhalts. Begonnen wurde jetzt im Untergeschoss, im sogenannten Kompaktmagazin. „Rund 200.000 ältere und wertvollere Bücher aus den sieben Zweigbibliotheken finden in Rollregalen Platz. Die genaue Stelle in jedem Regal ist vorher festgelegt worden. Parallel wird auch schon das begehbare Freihandmagazin gefüllt“, sagt Dorothea Sommer, die Leiterin der Universität- und Landesbibliothek. Insgesamt stehen 24 Kilometer Regal in dem beeindruckenden Bibliotheksneubau bereit. Platz wäre übrigens für eine Million Bände.
250.000 Geschichtsbücher
Seit Jahren sind die Mitarbeiter der Institutsbibliotheken und auch der Zentralbibliothek der Universität mit den Vorarbeiten für den großen Umzug befasst. Vor dem Einsortieren mussten alle Bücher elektronisch erfasst, natürlich auch Doppelungen beseitigt werden. Zwei Jahre hat allein die Erfassung und Abgleichung der Zeitschriftenbände gedauert. Die durch die Zusammenführung der Bibliotheken mehr oder weniger als „verzichtbar“ eingeordneten wissenschaftlichen Publikationen wurden - wie üblich - deutschlandweit Bibliotheken als Tauschware angeboten.
Auch im Freihandmagazin, in dem die Studenten - anders als im berühmten historischen Magazin der ULB in der August-Bebel-Straße - sich selbst bedienen können, sind schon die ersten Regalmeter gefüllt: 75.000 Bücher der Institute und Seminare für Indogermanistik, Asien und Fremdsprachen. „Wir haben mit einer kleinen Bibliothek begonnen, um zu sehen, wie es funktioniert“, sagt Miriam Heise, Fachreferentin Germanistik und Romanistik. Mit den meisten Büchern ziehen die Bibliothek der Geschichte/Kunstgeschichte um - zusammen 250.000 Stück.
Bücher-Ausleihe per Barcode
Die Studenten erwartet, wenn am 5. Oktober die Vorlesungen wieder beginnen, eine hochmoderne Bibliothek. Erstmals stehen die Bücher von 17 geisteswissenschaftlichen Bibliotheken und 16 Fachgebieten beieinander. 155 Arbeitsplätze stehen auf Terrassen und Balkonen zur Verfügung, die zwischen den beiden Regalblöcken und den Außenwänden verteilt sind. Darunter auch einige abschließbare Arbeitsplätze. Der von außen mit seiner mehr oder weniger geschlossenen Fassade beinahe trutzig wirkende Neubau, ist trotz des Regalturmes innen hell und luftig - dafür sorgt das Glasdach des Flachbaus.
Geöffnet ist die Bibliothek auf Ostdeutschlands modernstem Campus von 8 bis 24 Uhr. Erstmals gibt es an der Universität auch eine automatische Ausleihe: an einer Art Supermarktkasse werden die entliehenen Bücher über einen Barcode gescannt. „Das ist heute Standard bei der Einrichtung neuer Bibliotheken“, sagt Dorothea Sommer. Die Beleuchtung mit energiesparenden LED ist es indes keineswegs Standard. Auch nicht das Belüftungs- und Klimatisierungssystem des Bücherwürfels. Denn Klimaanlagen gibt es nicht. Stattdessen wird das Haus nachts über Schleusen belüftet. Lamellen auf dem Glasdach sorgen je nach Sonnenstand für Schatten.
Moderner Campus kostet 52 Millionen Euro
Ende September soll der modernste Campus Deutschlands fertig gebaut sein. Lediglich an den Außenanlagen des Campus samt Park wird noch gearbeitet. Auch die Büste Mahatma Gandhis, die lange eingelagert war, wacht bereits wieder über den großen, grünen neuen geisteswissenschaftlichen Campus, den die alten sanierten und neuen Institutsgebäude bilden.
Mehr als 52 Millionen Euro investiert das Land in Neubauten und die aufwendige Sanierung denkmalgeschützter Gebäude samt Hörsälen des früheren Landwirtschaftlichen Instituts hinter dem Steintor. 75 Prozent der Summe sind europäische Hochschulbau-Fördermittel. Rund 3.000 Studenten, 50 Professoren und 350 Mitarbeiter werden auf dem neuen innerstädtischen Campus, dem Geistes- und sozialwissenschaftlichen Zentrum, so der offizielle Name, erwartet. (mz)
