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Kein Vertrauen in Studenten Uni Halle (Saale): Professoren reicht ärztliches Attest bei Prüfungen nicht mehr

Von Oliver Müller-Lorey 12.07.2017, 06:03
Lassen sich Studenten im Prüfungsstress krankschreiben, um die Klausur zu schwänzen? An der Uni Halle hat man davor offenbar Angst.
Lassen sich Studenten im Prüfungsstress krankschreiben, um die Klausur zu schwänzen? An der Uni Halle hat man davor offenbar Angst. dpa

Halle (Saale) - Am Samstag endet die Vorlesungszeit an der Uni Halle. Für viele Studenten stehen bald die mündlichen und schriftlichen Prüfungen an. Einige Professoren greifen dann zu besonders harten Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Studierende auch tatsächlich zur Prüfung erscheinen. Sie verlangen statt einer Krankschreibung eine „Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung“. Auf ihr vermerkt ein Arzt nicht nur, wie lange sein Patient krankgeschrieben ist, sondern auch die Symptome.

Stura der Uni Halle empört: Kranke Studenten müssen zum Teil Arzt von Schweigepflicht entbinden

Nach Angaben des Studentenrates (Stura) greifen in verschiedenen Fakultäten immer mehr Professoren zu diesem Mittel - ein Unding, wie die Studentenvertretung findet. Die Universitätsleitung dagegen verweist auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes.

Hintergrund für die ungewöhnlichen Anforderungen im Falle einer verpassten Prüfung: Einige Professoren wollen verhindern, dass sich Studenten drücken, wenn sie nicht genug gelernt haben und mehr Zeit brauchen. Für die „Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung“ muss der behandelnde Arzt sogar vom Studenten von seiner gesetzlichen Schweigepflicht entbunden werden.

Krankheit schützt vor Prüfung nicht: Kommission der MLU Halle entscheidet, ob Symptome ausreichen

Den Schein, auf dem die Beschwerden des Studenten aufgezählt sind, soll dieser an die Uni schicken. Eine Prüfungskommission entscheidet anschließend, ob die Symptome aus ihrer Sicht ausreichen, dass der Student bei der Prüfung entschuldigt fehlen darf. Kommt ein Student einfach nicht zum Prüfungstermin, ist er automatisch durchgefallen.

Kritik vom Stura der Uni Halle: „Es handelt sich da um sehr sensible Daten.“

Der Stura macht nun aber mobil. „Es handelt sich da um sehr sensible Daten. Die Uni will feststellen, ob man prüfungsunfähig oder nur krank ist. Aber letztendlich muss das ein Arzt entscheiden“, sagt Stura-Referent Martin Lohmann. „Man ist der Meinung, dass Studenten bei einem gebrochenen Bein noch prüfungstauglich sind. Aber es ist nicht sinnvoll, dass die Uni darüber entscheidet.“

Aus eigenen Erfahrungen wisse Lohmann, dass diese Praxis schon an der Wirtschafts-Fakultät angewendet werde. Und zunehmend werde die Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung auch an anderen Instituten Pflicht. Tatsächlich gibt es auf den Internetseiten der Fakultäten mehrere solcher Formulare zum Download. Seine Vermutung: Mogelnden Studenten soll es besonders schwer gemacht werden.

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg: Nicht alle Professoren sind glücklich mit der „Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung“

Der Dekan der medizinischen Fakultät, Michael Gekle, ist ein Gegner der „Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung“ - obwohl die in seiner Fakultät auch von einigen Professoren verlangt wird.

Er plädiert dafür, Studenten wie Arbeitnehmer zu behandeln und sich mit gewöhnlichen Krankschreibungen zufriedenzugeben. Und das sei in seinem Institut auch die Regel. „Nur wenn es wiederholt vorkommt oder es besondere Umstände gibt, behalten wir uns vor, dass der Student zum Amtsarzt geht“, so der Professor.

Doch wenn der ein oder andere Kollege den Schein fordere, könne er wenig dagegen unternehmen. Eine Notwendigkeit für die „Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung“ sieht er indes nicht. Studenten, die aus Prüfungsangst krankmachten, seien Einzelfälle. Und auch eine „Stauwirkung“, bei der alle aufgeschobenen Prüfungen auf einmal im nächsten Jahr geschrieben würden, könne er nicht erkennen. Die Zahl der aufgeschobenen Prüfungen und die der nachgeschriebenen gleiche sich nämlich von Jahr zu Jahr aus.

Uni Halle (Saale): Leitung verweist auf besonderes Rechtsverhältnis bei Prüfungen

Die Uni-Leitung verwies darauf, dass sich der Student mit seiner Anmeldung zur Prüfung in ein besonderes Rechtsverhältnis begebe. „Daraus ergeben sich zahlreiche Mitwirkungspflichten“, so Manuela Bank-Zillmann, Sprecherin der Uni. So müsse der Student die Gründe für eine Prüfungsunfähigkeit im Zweifel sogar beweisen, sagte sie und verwies auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. An einen Rücktrittsgrund würden strenge Anforderungen gestellt. Außerdem gelte nicht das Arbeits- sondern das Verwaltungsrecht.

Anders als die Studentenvertreter es behaupten, würden die Prüfungsunfähigkeitsbescheinigungen aber kaum zur Anwendung kommen. „Derzeit wird tatsächlich an den meisten Fakultäten die Vorlage einer ,ärztlichen Bescheinigung für Arbeitgeber’, also einer normalen Krankschreibung akzeptiert.“ Seit wann die Symptome dennoch erfragt werden können, ließ die Uni offen. (mz)