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Tragödie im Bergzoo Halle Tragödie im Bergzoo Halle: Elefantenkuh Bibi trauert um Neugeborenes

Von Jan Möbius 22.09.2015, 10:52
Sichtlich ergriffen: Elefanten-Tierpfleger Axel Boas (links) und Bergzoo-Direktor Dennis Müller (rechts) vor dem Gehege.
Sichtlich ergriffen: Elefanten-Tierpfleger Axel Boas (links) und Bergzoo-Direktor Dennis Müller (rechts) vor dem Gehege. Jan Möbius Lizenz

Halle (saale) - Seit Wochen war alles vorbereitet. An jedes Detail wurde gedacht. Notfallmedikamente standen bereit, die trächtige Elefantenkuh Bibi wurde rund um die Uhr überwacht. 24-Stunden-Dienste, eine ausgeklügelte, telefonische Alarmkette: Bei der Geburt von Bibis Mini-Elefanten sollte nichts dem Zufall überlassen werden. Zu schmerzlich waren die Erfahrungen, die vor zwei Jahren im Bergzoo gemacht wurden, als Bibi ihr erstes Kalb direkt nach der Geburt tötete. Allen Vorkehrungen zum Trotz hat die Elefantenkuh in der Nacht zum Dienstag dennoch nach der Geburt erneut ihr Kalb getötet.

Direktor Müller verteidigt Strategie

Zoodirektor Dennis Müller und Elefantenpfleger Axel Boas traten am Dienstag traurig und müde vor die Presse. „Es ist uns wichtig, nicht nur über Erfolge, sondern auch über Fehlschläge zu informieren“, sagte Müller. Der Zoodirektor verteidigte die Strategie, zu der man sich vor und auch noch während der Geburt des kleinen Elefantenkalbes entschieden hatte. „Wir hatten uns für den natürlichen Weg entschieden, also für die Geburt in der Gruppe“, so Müller. Zunächst habe man der Herde das nicht zugetraut, auch Leitkuh Mafuta sei ihre wichtige Rolle, das Neugeborene zu schützen, abgesprochen worden.

Doch nach und nach habe sich gezeigt, dass die Elefantengruppe unterschätzt worden sei, so Müller. Deshalb habe man sich entschieden, alle Mitarbeiter aus der Nähe abzuziehen, um die Tiere in Ruhe zu lassen. „Wir haben natürlich über Video alles beobachtet“, sagte Müller. Die Herde habe ein sehr natürliches Verhalten gezeigt, sich um die gebärende Bibi herum versammelt.

Tierpfleger waren machtlos

Und dann geschah das, was niemand im Zoo Halle zu ahnen wagte: Nur wenige Minuten nach der Geburt kurz nach Mitternacht nahm Leitkuh Mufata ihre Schutzrolle ein. Doch Bibi war offenbar derart von den Geburtsschmerzen erfüllt, dass alle Versuche von Mafuta scheiterten, die frisch gebackene Elefantenmutter von ihrem Baby abzudrängen. Sie attackierte das Neugeborene sofort und fügte dem Kalb aller Wahrscheinlichkeit nach dabei tödliche Verletzungen zu. Die Tierpfleger konnten unter diesen Umständen nur machtlos zusehen. Einzuschreiten wäre für sie lebensgefährlich gewesen. „Die genaue Todesursache wird in der tiermedizinischen Pathologie in Leipzig geklärt. Dort soll auch noch einmal genau das Geschlecht des jungen Elefanten bestimmt werden. Dazu fehlte uns einfach nach der Tragödie der Nerv“, sagte Müller sichtlich bewegt.

Bibi verfiel kurze Zeit später in Trauer

Müller gewinnt der dramatischen Minuten in der Nacht zum Dienstag aber „ein wenig Positives ab“. Die Herde, so sagt der Zoodirektor, sei weiter zusammengewachsen. Auch Bibi habe dazugelernt. „Sie hat ihr Verhalten nur Minuten nach der ersten Attacke geändert und wechselte in die Rolle der Mutter“, so Müller. Sie habe versucht, den leblosen Körper ihres Neugeborenen aufzurichten, beschnüffelte es mit dem Rüssel. Über sieben Stunden habe Bibi ihr totes Kalb beschützt, bevor die Pfleger den Körper des Neugeborenen bergen konnten. „Bibi hat in dieser Zeit viel Trauerarbeit geleistet“, schätzte Müller ein.

Sein Mitgefühl gelte aber auch seinem Team, das vor und während der Geburt über sich hinaus gewachsen sei. „Für unsere Mitarbeiter ist es bitter, was sie mit ansehen mussten.“ „Wir haben jetzt viel Aufarbeitung vor uns“, kündigte Müller an. Viel Anteilnahme werde über soziale Netzwerke im Internet ausgedrückt. Müller: „Das gibt ein wenig Trost.“ Gemeinsam werde man überlegen, ob Bibi noch einmal als Mutter geeignet ist und ob man eine weitere Bibi-Schwangerschaft den Mitarbeitern zumuten könne. „Und wir müssen natürlich auch überlegen, was gut für das Zuchtprogramm ist“, sagte Müller.

Zwei weitere Geburten geplant

An den Gruppengeburten, wie sie eben auch der Natur entsprechen, wolle man im Zoo Halle festhalten. Alternativen, bei denen die Elefantenkuh an einer Kette festgemacht werde, kämen für Müller aus ethischen und tierschutzrechtlichen Überlegungen nicht infrage. „In den kommenden Zeit stehen zwei weitere Elefantengeburten in unserem Zoo an. Die Herde ist in der Lage, das zu meistern“, so Müller. Auch Bibi werde dann als Tante erfahren zur Seite stehen und Leitkuh Mufata unterstützen. (mz)

Medienandrang vor dem Elefantengehege am Dienstag im Bergzoo in Halle.
Medienandrang vor dem Elefantengehege am Dienstag im Bergzoo in Halle.
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