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Suche nach Unfallgründen auf A14 Suche nach Unfallgründen auf A14: Deaktivierte Assistenzsysteme in Lkw?

Von Dirk Skrzypczak 20.10.2017, 13:54
Der rumänische Fahrer dieses Lkw hatte einen Schutzengel. Er konnte auf der A14 bei Tornau nahezu unverletzt aus den Trümmern seines Sattelzugs befreit werden. Zuvor war er in das Stauende vor der Baustelle gekracht.
Der rumänische Fahrer dieses Lkw hatte einen Schutzengel. Er konnte auf der A14 bei Tornau nahezu unverletzt aus den Trümmern seines Sattelzugs befreit werden. Zuvor war er in das Stauende vor der Baustelle gekracht. Holger John

Halle (Saale) - Am Mittwoch saßen Vertreter der Autobahnpolizei und der Landesstraßenbaubehörde (LSBB) zusammen. Thema: die Analyse der schweren Verkehrsunfälle im Baustellenbereich auf der A14 bei Halle, die nicht abreißen. Da hatte es gerade wieder zwischen Trotha und Tornau mehrfach gekracht, fünf Menschen wurden verletzt. Am Donnerstag kam der nächste schwere Unfall kurz hinter der Abfahrt Tornau in Richtung Dresden dazu.

Gegen 8.20 Uhr war ein rumänischer Sattelzug vor der Baustelle in das Stauende gefahren und dort auf ein Gespann aus Slowenien geprallt. Beide Sattelzüge verkeilten sich ineinander, die Autobahn war gen Süden bis in den Nachmittag dicht. Im Norden Halles und im angrenzenden Saalekreis brach daraufhin das schon unvermeidliche Verkehrs-Chaos aus. Der Fahrer des rumänischen Brummis hatte Glück, er erlitt einen Schock und leichte Verletzungen, weil es den Fahrersitz nach der Kollision nach oben und den Fahrer aus der Knautschzone in den Dachbereich drückte.

Gegen die schwarze Serie auf der A14 sind LSBB und Polizei machtlos

Gegen die schwarze Serie sind LSBB und Polizei machtlos, wie sie sagen. „Die Ausschilderung der Baustelle ist überperfekt. Es bleibt nur eine Erklärung: Menschliches Versagen, warum das auch immer in dieser gehäuften Form hier auftritt“, erklärte Christoph Krelle, in der LSBB für die Autobahnen in Sachsen-Anhalt verantwortlich.

Die Autobahnpolizei Weißenfels listet für dieses Jahr bis zum 30. September 324 Unfälle auf der A14 im südlichen Sachsen-Anhalt auf (übrigens 316 im gleichen Zeitraum 2016). Sechs Menschen verloren ihr Leben. Von den 147 Kollisionen, an denen Lkw beteiligt waren, gingen 107 auf das Konto der Brummi-Fahrer.

Was macht den Baustellenbereich A14 bei Halle so tückisch?

Aber was macht den Baustellenbereich bei Halle so tückisch? Liegt es eventuell auch daran, dass Lkw-Fahrer Sicherheitssysteme wie den Notbrems- oder den Spurhalte-Assistenten bewusst ausschalten, weil er beim Kolonnefahren mit seinen ständigen Eingriffen nervt? „Das lässt sich nur schwer überprüfen, zumal nicht alle Lkw damit ausgerüstet sind“, sagte Polizeisprecher Kay Christoph. Dass Fernfahrer rettende Systeme deaktivieren, ist in der Logistikbranche bekannt.

„Es gibt Fahrer, die die Technik hinderlich finden“, weiß Ron Landgraf, Fuhrparkleiter bei der Spedition Finsterwalder in Halle. Alle 230 Zugmaschinen des Unternehmens hätten die elektronischen Helfer an Bord. „Im Rahmen der technischen Grenzen funktioniert das System gut. Schwere Auffahrunfälle hatten wir mit unserer Flotte lange nicht“, sagte Landgraf. Oder sind es die vielen Baustellen, die auch auf der A14 hintereinander folgen und an der Konzentration der Fahrer zehren? „Über so etwas denkt man schon nach. Aber das sind Mutmaßungen.“

Polizei sucht nach Unfällen nach Fakten

Die Polizei sucht nach Fakten, so Polizeikommissar Christoph. Sechs Kilometer vor der Baustelle bei Peißen würden die Arbeiten bereits das erste Mal angekündigt. „Gesetzlich würden zwei Kilometern reichen.“ Bis Ende November wird noch gebaut.

Ron Landgraf von der Firma Finsterwalder warnt indes davor, alle Lkw-Fahrer pauschal als Gefahr zu sehen. „Täglich sind in Deutschland Hunderttausende Berufskraftfahrer ohne Probleme und sicher unterwegs.“ (mz)