Spektakuläres Kunstprojekt in Halle Spektakuläres Kunstprojekt in Halle: "Bonzenblöcke" sollen zu Bilderbüchern werden

Halle (Saale) - Für die Mehrgeschosser in der Voßstraße, 1978 und 1979 errichtet, hatte der Volksmund in der DDR einen Namen: „Bonzenblöcke“. In die begehrten Plattenbauten in direkter Nachbarschaft der Franckeschen Stiftungen durften verdiente Bürger ziehen: Volkspolizisten, SED-Funktionäre, Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes. Heute rauschen tausende Autos auf der Hochstraße an dem Viertel vorbei, das trist und grau wirkt.
Aber nicht mehr lange. Die Hallesche Wohnungsgesellschaft (HWG) und die Freiraumgalerie planen ein einzigartiges Projekt in Mitteldeutschland. Vier der Hochhäuser mit ihren jeweils elf Geschossen werden zum weithin sichtbaren Kunstobjekt. Die ersten beiden Gebäude werden ab August bemalt, die übrigen Häuser sollen 2019 folgen.
Kunstprojekt CVoßstraße Halle: Dreidimensionale Optik
Insgesamt werden die Künstler in der Voßstraße 6 und 8 voraussichtlich bis Oktober dieses Jahres eine Fassadenfläche von 4.100 Quadratmetern gestalten. Die Prinzipskizzen der Freiraumgalerie zeigen bunte Wohnblöcke, auf denen die Farbe blau dominiert. Der Clou werden Figuren und Objekte in dreidimensionaler Optik. So wird eine Raumstation schweben, Menschen auf Leitern klettern oder auf einem Hochseil balancieren.
Die monumentale Wucht gibt den Viertel eine völlig neue Anmutung und könnte ein Tourismusmagnet werden. „Wir wollen das Quartier vitalisieren und eine neue Wohnqualität schaffen“, sagt HWG-Geschäftsführer Jürgen Marx. In den vier Gebäuden des städtischen Unternehmens befinden sich insgesamt 172 Wohnungen. Am Dienstagabend stellten HWG und Freiraumgalerie den Anwohnern das spektakuläre Projekt vor.
Künstler in der Freiraumgalerie: Kunst im öffentlichen Raum verändert sich
Die Freiraumgalerie, ein Team aus Stadtplanern, Künstlern und Pädagogen, war erst vor wenigen Tagen von einer unabhängigen Jury als „Ausgezeichneter Ort im Land der Ideen 2018“ geehrt worden. Seit 2012 beweist die Freiraumgalerie vor allem im Ortsteil Freiimfelde, wie Kunst und Kultur ein Quartier neu beleben können. Auch in anderen Stadtteilen hat die Galerie ihre Spuren hinterlassen. Nun folgt in der Voßstraße ihr bisher größtes Projekt.
„Kunst im öffentlichen Raum verändert sich. Sie verabschiedet sich von der Festivalisierung und setzt auf ganzheitliche Projekte“, sagt Danilo Halle, einer der Künstler in der Freiraumgalerie und quasi der kreative Kopf hinter dem Vorhaben in der Voßstraße. Die Kunst soll den Spannungsboden zwischen dem historischen Ensemble der Franckeschen Stiftungen und den Plattenbauten schlagen, „die noch wie Fremdkörper sind“, und verbindende Elemente schaffen.
Blöcke in der Voßstraße werden derzeit durch die HWG energetisch saniert
Deshalb werden die Motive auch zusammenhängend sein. Dass die Blöcke derzeit durch die HWG energetisch saniert werden, sei für die Künstler ein großer Vorteil. „So können wir unsere Materialien perfekt mit der Dämmung abstimmen.“ Drei Künstler werden in der Voßstraße Sachsen-Anhalts größtes Fassadengemälde erschaffen. „Wenn das Wetter passt, müssten wir es in zwei bis drei Monaten schaffen. Wir freuen uns riesig“, erklärt Halle.
Doch die HWG denkt noch weiter. „In Anlehnung an die historische Nutzung des Geländes beabsichtigen wir, in Kooperation mit den Franckeschen Stiftungen hängende Gärten zum Anbau von eigengenutztem Obst und Gemüse anzulegen und zusammen mit den Mietern zu bewirtschaften“, sagt Geschäftsführer Marx. Außerdem will die HWG einen Quartiersspielplatz bauen. (mz)
