Im Überblick Prozess zum Anschlag von Halle gegen Stephan B.: Das passierte an den einzelnen Verhandlungstagen
Halle (Saale) - Seit dem 21. Juli steht der Attentäter von Halle, Stephan B., in Magdeburg vor Gericht. Was an den einzelnen Verhandlungstagen geschah, fassen wir hier zusammen.
Verhandlungsauftakt am 21. Juli: Der Prozess gegen Stephan B. beginnt. Der angeklagte wird von Richterin Ursula Mertens mehrere Stunden lang zu den Geschehnissen am 9. Oktober 2019 befragt.
2. Prozesstag am 22. Juli: Das Gericht zeigt das Video, welches der angeklagte bei seinem Anschlag selbst aufzeichnete. Anschließend bekommen die Nebenkläger und ihre Anwälte die Möglichkeit, B. zu befragen.
3. Prozesstag am 28. Juli: Weiterhin befragen die Nebenkläger den Angeklagten. Anschließend tritt der erste Zeuge auf. Es ist ein BKA-Beamter, der mehrere Vernehmungen von Stephan B. begleitet hatte.
4. Prozesstag am 29. Juli: Es werden weitere Zeugen vernommen. Während die Familie des Attentäters die Aussage verweigert, sagen unter anderem der Ex-Schwager des Angeklagten, eine Freundin der Mutter sowie ein ehemaliger Bundeswehrkamerad vor Gericht aus.
5. Prozesstag am 3. August: An diesem kurzen Verhandlungstag wird ein Gutachten des BKA verlesen, welches die Gefährlichkeit der selbstgebauten Waffen von Stephan B. bestätigt. Anschließend geht der Prozess in eine dreiwöchige Sommerpause.
6. Prozesstag am 25. August: Nach der Sommerpause widmete sich das Gericht den ganzen Tag lang dem Waffenarsenal von Stephan B. Mehrere Sachverständige berichteten ausführlich über die Funktionalität und Gefährlichkeit der Gewehre, Pistolen und Sprengsätze. Der angeklagte schien sich sehr dafür zu interessieren. Er zeigte sich mehrfach stolz auf sein tödliches Waffenarsenal.
7. Prozesstag am 26. August: An diesem Verhandlungstag ging es vor allem um die Frage, womit sich der Angeklagte im Internet beschäftigt hat. Es ging um verschiedene Imageboards, rechtsextreme Comics und Gewaltvideos. Mehrere Vertreter der Nebenklage waren mit den Aussagen der BKA-Beamten allerdings nicht zufrieden und bemängelten fehlendes Hintergrundwissen und Ermittlungstiefe.
8. Prozesstag am 1. September: Erstmals kamen Betroffene des Anschlags zu Wort. Das Gericht vernahm mehrere Zeugen, die sich am Tag des Anschlags in der Synagoge befunden hatten. Kritik gab es von den Zeugen am Einsatz der Polizei am Tag des Terroranschlags. Die Beamten hätten keine Rücksicht auf Gefühle oder Riten der jüdischen Menschen genommen. Mehrfach gab es im Saal spontanen Applaus für Worte der Zeugen.
9. Prozesstag am 2. September: Erneut vernimmt das Gericht mehrere Überlebende aus der Synagoge, darunter auch den Wachmann, der am 9. Oktober im Dienst war. Die Zeugen berichten unter anderem über ihre persönlichen Folgen des Anschlags, zudem wird erneut Kritik an der Arbeit der Polizei und auch des Gerichtes geübt. Zudem kommen zwei Zeugen vor Ort, die auf der Humboldtstraße dem Täter begegneten.
10. Prozesstag am 8. September: Zum dritten Mal ging es um den Angriff auf die Synagoge. erneut kamen Menschen zu Wort, die während des Angriffes in dem jüdischen Gotteshaus waren, darunter rer hallesche Gemeinde-Vorsitzende Max Privorozki. Zudem nahm das Gericht Bilder der Wohnungen von Stephan B.s Eltern und von dessen Zimmer in Benndorf in Augenschein.
11. Prozesstag am 9. September: Am elften Tag des Prozesses ging es erstmals um den Angriff auf den Imbiss Kiez-Döner, zu dem Stephan B. fuhr, nachdem er an der Synagoge scheiterte. Das Gericht hörte drei Zeugen und einen Ermittler der Spurensicherung. Zudem wurde ein weiteres Tatvideo gesichtet, das der Täter selbst aufnahm.
12. Prozesstag am 15. September: Mit dem Vater von Kevin S. sagte am Mittwoch zum ersten Mal ein Hinterbliebener eines der Mordopfer aus. Seine emotionalen Worte rührten viele Menschen im Saal zu Tränen. Zudem sagten eine weitere Überlebende der Synagoge sowie die beiden heutigen Inhaber des Kiez Döner aus, die an dem Tag in dem Geschäft arbeiteten.
13. Prozesstag am 16. September: Neben weiteren Zeugen aus der Synagoge kommen an diesem Tag vor allem mehrere Polizisten zu Wort, die sich auf der Ludwig-Wucherer-Straße einen Schusswechsel mit Stephan B. lieferten. Mehrere Beamte sprachen auch über psychologische Probleme nach dem Einsatz.
14. Prozesstag am 22. September: Das Gericht vernahm weitere Zeugen vom Angriff auf den Kiez-Döner und der anschließenden Flucht durch Halle, bei der Stephan B. einen Mann aus Somalia anfuhr und verletzte. Der wohl wichtigste Zeuge des Tages konnte jedoch nicht aussagen. Der Kollege, mit dem Kevin S. in dem Imbiss war, ist bis heute schwer traumatisiert von der Tat, so dass seine Aussage nur verlesen werden konnte.
15. Prozesstag am 23. September: Das Gericht befasste sich an diesem Tag mit den Vorfällen in Wiedersdorf bei Landsberg. Unter anderem sagten die beiden Opfer aus, die der Attentäter in dem kleinen Ort niederschoss, weil sie ihm ihr Auto nicht sofort aushändigen wollten. Die beiden kritisierten die Polizei scharf. Der Notruf habe sie nicht ernst genommen. Auch vom Inhaber des Taxis, das Stephan B. stahl, hab es Kritik an der Arbeit der Beamten.
16. Prozesstag am 13. Oktober 2020: In der Verhandlung ging es vor allem um die Flucht und die anschließende Festnahme des Halle-Attentäters. Dazu wurden mehrere Polizisten als Zeugen gehört. Die Richterin lobte den Einsatz der Polizei. Laut einem BKA-Beamten sei derzeit nicht von Mitwissern und Mittätern auszugehen.
17. Prozesstag am 14. Oktober 2020: Das Gericht hörte an diesem Tag unter anderem dern Psychologen, der mit Stephan B. in der JVA sprach. Er zeichnet das Bild eines Mannes, der berhaltensgestört und emotional kalt ist. Stephan B. habe bedauert, nicht mehr Menschen getötet zu haben. Erneut scharfe Kritik haben Anwäte an den Ermittlungen der Bundesbehörden geübt. Zu oft könnten Fragen nicht beantwortet werden, man bekomme lediglich „Versatzstücke“.
18. Prozesstag am 3. November 2020: Es ist ein wichtiger Tag für Richter, Nebenkläger und Verteidigung: Psychiater Norbert Leygrafs stellt sein Gutachten zu Stephan B. vor. Sein Urteil hat Gewicht in der Frage, wie schuldfähig der 28-jährige Attentäter ist. Ob er lebenslang in Haft muss. Und ob ihm danach die Sicherungsverwahrung droht. Es wäre die härteste Strafe, die das deutsche Strafrecht kennt.
19. Prozesstag am 4. November 2020: Das Gericht befasste sich an diesem Tag mit den Internetaktivitäten nach dem Livestream des Attentäters. Die Sachverständige Karolin Schwarz gab Auskunft zu einschlägigen Internetforen, in denen alles erlaubt ist - auch Rassismus und Hass. Schwarz hat die schnelle Vervielfältigung von Stephan B.s Propaganda auf Imageboards und Telegram geschildert. Das Tat-Video von Stephan B. löste regelrechte Erdbeben auf den Imageboards aus.
20. Prozesstag am 17. November 2020: Der Prozess geht weiter, ein Antrag auf Aussetzung wird abgelehnt. Als Zeuge sagen ein Experte für Antisemitismus sowie Psychiater Norbert Leygraf aus. Der ergänzt dabei vor allem sein Gutachten zum Attentäter.
21. Prozesstag am 18. November 2020: Nach der Aussage von Extremismusexperte Matthias Quent, der als Sachverständiger tiefere Einblicke in Ideologie und Denkweisen von Attentätern gibt, wird die Beweisaufnahme geschlossen. Am Nachmittag beginnen die Abschlussplädoyers. Er beginnt die Bundesanwaltschaft, welche die Höchststrafe für den Attentäter fordert.
22. Prozesstag am 1. Dezember 2020: Neben der Anhörung weiterer Zeugen haben die Anwälte der Nebenkläger ihre Plädoyers gehalten. Sie forderten eine lebenslange Haftstrafe für Stephan B.
23. Prozesstag am 2. Dezember 2020: Weitere Vertreter der Nebenklage haben ihre Plädoyers gehalten. Dabei gingen sie mit dem Angeklagten hart ins Gericht. Nebenklageanwalt Florian Feige verglich Stephan B. mit einem „Dorfdeppen“. Er forderte B. auf, auf seine letzten Worte am Ende des Prozesses zu verzichten. (mz)