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OB-Kandidat Dörte Jacobi OB-Kandidat Dörte Jacobi: "Etwas dafür tun dass die Leute nicht einfältig werden"

07.10.2019, 14:45
In einem WG-Zimmer wohnt Dörte Jacobi und hat dort auch Platz genug für ihre Sammlung von Second-Hand-Kleidern.
In einem WG-Zimmer wohnt Dörte Jacobi und hat dort auch Platz genug für ihre Sammlung von Second-Hand-Kleidern. Silvio Kison

Halle (Saale) - Der Wahlkampf endet bei ihr nicht hinter der Wohnungstür. Im Gegenteil: Im Flur der WG, in der Dörte Jacobi gegenwärtig wohnt, hängt noch etliches Kampagnen-Material mit ihrem Gesicht und ihrem Namen. Und in ihrem kleinen, aber gemütlichen Zimmer in einem der wenigen noch unsanierten Gründerzeithäuser des Paulusviertels hängen, stecken oder liegen sie natürlich auch, die Werbedrucke mit ihren Bild und ihren Slogans.

Zweite Wahl, der sich die 32-Jährige in diesem Jahr in Halle stellt

Dörte Jacobi hat sichtlich selbst Vergnügen an ihrem Wahlkampf, auch wenn der nicht nur auf Spaß und auf Skurriles setzt. Doch letzteres unterscheidet sie von anderen Kandidaten, so hat Rainald Grebe für ein Plakat Pate gestanden. Zumindest ein Song, den der Liedermacher, Comedian und gelernte Puppenspieler mit auch ein bisschen Halle-Vergangenheit einst geschrieben und gesungen hat und den er fast schon zwangsläufig zu einem seiner Kultlieder werden ließ. „Dörte, der Ausweg aus der Spaßgesellschaft“, heißt der Song - und ist nicht gerade ein Liebeslied auf die fiktive Namensvetterin von Dörte Jacobi: eher sogar das Gegenteil.

Dennoch hat die einzige Frau im Rennen um Halles Rathaus-Chefsessel den witzigen Songtitel zu einem ihrer Wahlkampfslogans erkoren - und hat damit schon mal den Selbstironie-Test locker bestanden. Es ist bereits die zweite Wahl, der sich die 32-Jährige in diesem Jahr in Halle stellt.

1. Was ärgert Sie an sich selbst?

Meine Verführbarkeit!

2. Welche Ihrer Vorzüge werden kaum wahrgenommen?

Ich wirke vielleicht wahnsinnig, habe jedoch nur die nobelsten Absichten.

3. Was bringt Sie zur Verzweiflung?

Ambiguitätstoleranz!

4. Welche Person der Geschichte ist Ihnen sympathisch?

Valie Export, mit welcher ich gerne eine Body Positivity Performances zeigen würde. David Lynch, wegen seinem engagierten visionären kreativen Schaffen, in einer dem Menschen gebührend (!) breiten Facette. Simone de Beauvoir, mit welcher ich gern eine Familie gründen würde.

Divine, um fantastisch ekstatische Partys zu feiern. Charlotte Roche, mit ihr werde ich gerne mal ein paar Runden Flaschendrehen spielen. Öff Öff, wegen der Konsonantenverwandschaft und dem ressourcensparenden Lebensstil.

5. Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?

„Sag alles ab!: Plädoyers für den lebenslangen Generalstreik (Nautilus Flugschrift)“, herausgegeben von Haus Bartleby.

6. Was ist Ihr Lieblingsgericht?

Jelly-Shots und Insekten, denn damit können drei Weltproblem auf einmal bewältig werden: Welthunger, Massentierhaltung und die Gefahr von terroristischen Angriffen durch Insekten.

7. Welchen privaten Traum möchten Sie sich noch erfüllen?

Ein Floß bauen und damit von Halle auf der Saale, über die Donau bis ans Schwarze Meer schippern.

8. Was ist für Sie Glück?

Es ist Krieg, und Niemand geht hin!

9. Worüber haben Sie zuletzt gestaunt?

Dass politische Mandatsträgerinnen in Deutschland in Aufsichtsräten besser entlohnt werden als für ihren eigentlichen Auftrag in den politischen Gremien.

10. Was würden Sie gern können?

Den Nah-Ost-Konflikt lösen!

Die erste, nämlich die Kommunalwahl, hat sie immerhin schon zur Stadträtin gemacht: Ein Mandat, das sie  (als immerhin eine von zwei Stadträten der Satirepartei „Die Partei“) durchaus auch ganz unsatirisch ernst nimmt, indem sie ihm auch viel Zeit widmet. „Meckern kann jeder“, sagt Dörte Jacobi, aber man müsse auch immer mal für etwas sein - obwohl sie sich selbst schon als „sehr gesellschaftskritisch“ sieht und beschreibt.

OB-Wahl: Bewerbung als Selbstversuch

Was Dörte Jacobi braucht und was sie sich offenbar zu verschaffen weiß, sagt sie, sei „Selbstwirksamkeitserfahrung“. Wozu wohl auch passt, dass sie - gemeinsam mit einem ihrer einstigen Lehrer - gelegentlich mit Programmen auf Kinderfesten unterwegs ist. Zu diesen Programmen gehören zum Beispiel „professionelles Kinderschminken“ oder kleine Kurse wie „Vom Korn zum Brot“ und andere, bei denen Kinder auch mal sägen oder hämmern können: „pädagogisch wertvoll“ aber in jedem Fall.

Man müsse ja „etwas dafür tun, dass die Leute nicht einfältig werden“, ist einer der gleichermaßen gut klingenden wie treffenden Sätze, die die Kandidatin Dörte Jacobi zu sagen vermag. Ein anderer Satz, dass sie zur Theorie ihres Studiums immer auch Praxis brauche, könnte mit Blick auf ihr Studienfach Politikwissenschaft sogar eine mögliche Antwort auf die Frage nach Sinn und Zweck ihrer Kandidatur nahelegen: die Bewerbung als Selbstversuch.

Die gebürtige Hallenserin Dörte Jacobi ist 32 Jahre alt, ledig und kinderlos. Augenblicklich studiert sie auch noch und schreibt an ihrer Masterarbeit in dem Fach Politikwissenschaft, ihr Thema: heißt: „Nachhaltige Stadtentwicklung“. Sie hat die Waldorfschule in Halle absolviert, dann unter anderem ein Jahr in Wales sowie vier Jahre in Magdeburg verbracht, wo sie Schatzmeisterin im soziokulturellen Verein „Kante“ war. Einem Vergleich der beiden großen Städte Sachsen-Anhalts weicht die Oberbürgermeisterkandidatin aber dennoch eher aus: Im Winter seien sie „beide trist und grau“, sagt Dörte Jacobi. Als Hobby nennt sie Crossgolf, ein Spiel, das jenseits der Golfplätze gespielt wird. (mz)

Ausweg aus Spaßgesellschaft in Halle längst gefunden

Die andere denkbare Antwort-Variante, dass ihre Kandidatur womöglich sogar als ein Sprungbrett für etwas anderes gedacht sei, weist Dörte Jacobi deutlich von sich: „Berufspolitikerin will ich auf keinen Fall werden“, sagt sie - und fügt dann noch lächelnd an, dass sie damit aber erst über „die Zeit nach den sieben Oberbürgermeistern-Jahren“ rede, denn: „Eine Wahlperiode reicht mir.“

Eins der Ziele von Dörte Jacobi ist übrigens schon erreicht, ohne dass die Kandidatin selbst etwas dafür tun musste: Der Ausweg aus dem, was mal Spaßgesellschaft hieß, ist nämlich auch in Halle längst gefunden - schon vor einigen Jahren. Aber immerhin sorgt Dörte Jacobi hier gerade für eine kleine Reminiszenz: mit ihrer Bewerbung. Und auch mit einem, so scheint’s, lustigen Leben in einer fröhlichen Hausgemeinschaft mit jungen Leuten, die sich verstehen, die gerne gemeinsam feiern und die wohl hoffen, dass das so bleiben kann. (mz)