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Neustadt-Jubiläum Neustadt-Jubiläum: Früherer Stadtplaner erzählt aus dem Nähkästchen

Von Silvia Zöller 11.11.2013, 21:23
Der Chefarchitekt und der Parteichef: Richard Paulick (2. von links) erläutert Walter Ulbricht (links) 1968 ein Modell von Halle-Neustadt.
Der Chefarchitekt und der Parteichef: Richard Paulick (2. von links) erläutert Walter Ulbricht (links) 1968 ein Modell von Halle-Neustadt. MZ/Archiv Lizenz

Halle/MZ - Es ist viele, viele Jahre her, als Harald Zaglmaier im Team von Halle-Neustadts Chefarchitekten Richard Paulick arbeitete. Aber die Erinnerung an den lebensfrohen und weltgewandten Menschen ist noch immer lebendig: „Paulick war ein liebenswerter und intelligenter Mensch. Wir alle, die mit ihm gearbeitet haben, verehrten ihn“, sagte Zaglmaier jetzt in der Geschichtswerkstatt Neustadt. Zum 110. Geburtstag, den Paulick jetzt gefeiert hätte, erinnerte Zaglmaier an seinen früheren Chef.

Richard Paulick (1903-1979) wurde in Roßlau geboren und war nach seinem Architekturstudium von 1927 bis 1928 Assistent von Bauhaus-Gründer Walter Gropius. Als Sozialist emigrierte er 1933 nach Shanghai und lehrte dort als Hochschuldozent. Ende der 40er Jahre kehrte er in die DDR zurück. Er leitete den Wiederaufbau Dresdens und war ab 1963 Chefarchitekt von Halle-Neustadt. (szö)

Mit seinen Ideen sei auch der in der Welt geschätzte Paulick nicht immer in Halle auf Sympathie gestoßen, so Zaglmaier. Denn für die Idee des industriellen Bauens mit modernen Technologien habe er auch Kritik einstecken müssen.

Doch gerade Paulicks Blick für die moderne Zeit und das moderne Bauen war es, das den jungen Architektur-Absolventen Zaglmaier zu einer Bewerbung in das Team Paulick bewegte: Er wurde 1965 Stadtplaner von Neustadt, ab 1969 stellvertretender Chefarchitekt.

„Paulick hatte eine besondere Arbeitsweise“, erinnert sich der 78-Jährige. Er mischte erfahrene Architekten und junge Menschen, deren Elan ihn faszinierte. Und Paulick suchte für die Planung von Neustadt den Austausch mit Soziologen, um die Wünsche und Bedürfnisse der Menschen zu kennen.

Dennoch sei manches nicht realisiert worden - wie etwa die von Paulick geplanten Dachgärten, die den Stadtbewohnern Grün vor die Tür bringen sollten. „Paulick wurde später auch in die Schranken gewiesen, er durfte nur noch nach bestehenden Schemata bauen“, berichtete Zaglmaier von dem staatlichen Druck zum preiswerteren Zeilenbau.

Bekanntlich unterstützte Staats- und Parteichef Walter Ulbricht die Entstehung der Chemiearbeiterstadt - sein Nachfolger Erich Honecker dagegen andere Wohnungsbauprojekte. Auch mit der Farbgestaltung der Plattenbauten war Paulick nicht einverstanden: „Er hat sich dagegen gewehrt, dass graue Betonplatten zu sehen sind.“ Vielmehr sollten die Fassaden nach seinem Wunsch in Weiß mit einzelnen farbigen Teilen gestaltet werden.

Der frühere Stadtplaner Harald Zaglmaier berichtete in der Geschichtswerkstatt über den Chefarchitekten.
Der frühere Stadtplaner Harald Zaglmaier berichtete in der Geschichtswerkstatt über den Chefarchitekten.
Günter Bauer Lizenz