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Ritterschlag für nt-Schauspieler Neues Theater Halle (Saale): Schauspieler Hilmar Eichhorn erfüllt sich mit Hauptrolle in

Von Detlef Färber 27.04.2017, 08:37
Mal wieder außer sich: König Lear in Gestalt von Hilmar Eichhorn
Mal wieder außer sich: König Lear in Gestalt von Hilmar Eichhorn Falk Wenzel/Tooh

Halle (Saale) - Es fehlte der Titel, als Shakespeare eine seiner besten Komödien den Druckern übergab: So jedenfalls die Legende. „Was schreiben wir oben drüber?“ - sollen diese Leute ihn gefragt haben. „Was ihr wollt“, sei die Antwort des Meisters gewesen - so heißt es. Und „Was ihr wollt“ lautet seither der Titel dieses unvermindert erfolgreichen Lustspiels.

Ähnlich heißen könnte auch eine Tragödie, die in der neuen hallescher Inszenierung von Henriette Hörnigk am Freitag Premiere hat - denn sie ist ein Stück, das den Schauspielern und allen Gewerken des Neuen Theaters alles abverlangt: Und also zeigen wird, was sie alle draufhaben.

Hilmar Eichhorn, der Nestor des Sprechtheater-Ensembles in Halle

„Was ihr könnt“, könnte das Stück also heißen. Heißt das Stück aber nicht sondern „König Lear“. Und die Hauptrolle kann hier eigentlich nur einer spielen: Hilmar Eichhorn, der Nestor des halleschen Sprechtheater-Ensembles.

Es ist die Traumrolle schlechthin für alle großen Theater-Schauspieler der Welt - und der potenzielle Karrierehöhepunkt für Mimen im reiferen Alter. Denn Lear, dieser eitle alte König, der sich von seinen Töchtern und der Welt verraten fühlen muss, bringt als Figur die ganze Skala möglicher Emotionen zum klingen - und erlaubt es seinem Darsteller, den Werkzeugkasten der Schauspielkunst komplett vor dem Publikum auszubreiten.

König Lear im Neuen Theater Halle

Das über 400 Jahre alte Stück entfaltet hinter dem Drama des mythischen Königs, der sein Erbe ausgerechnet an die Unwürdigsten verschenkt, auch die ewige Tragik alter Leute, denen die Teilhabe am Geschehen verloren geht und denen Erinnerung und Orientierung mehr und mehr abhanden kommen.

König Lear fällt buchstäblich aus der Welt - hat dabei aber auch lichte Momente, die es ihm gestatten, einige jener zahlreichen großen Shakespeare-Worte und zeitlosen, weisen Einsichten von sich zu geben, derentwegen die Texte des ewigen Königs der Theaterautoren jederzeit hoch aktuell wirken können.

König Lear am Neuen Theater Halle: Shakespeare mit Heiner Müller und Doors

Henriette Hörnigk hat Shakespeare dennoch mit zahlreichen Fremd-Texten - von Heiner Müller bis hin zu Doors-Songs - verschnitten und collagiert, so dass nicht immer klar ist, welches Jahrhundert gerade zu einem spricht. Doch wenn Lear feststellt, man könne ihn „wegen Falschmünzerei“ ja nicht „drankriegen“, schließlich sei er der König: Dann, ja dann könnte dies auch der ultimative Kommentar zu aktuellen, rätselhaften Geldvermehrungen im Zeichen von Schulden-Krise und Nullzinspolitik sein.

Hundert Prozent Shakespeare sind aber wohl jeweils die berühmten Narrenworte, denen auch dann eine höhere Wahrheit zukommen dürfte, wenn sie sich um das Reizwort dieser Tage selbst drehen. Kostprobe: „Wahrheit ist ein Hund, der ins Loch muss und hinausgepeitscht wird, während Madame Schoßhündin, die großmäulige Petze, am Feuer steh’n und stinken darf.“

Fazit: Große Worte, große Gefühle und großartige Schauspielkunst aller - kurz: Hingehen, hinschauen, lauschen!

Premiere am Freitag, zweite Vorstellung am Sonntag, Beginn jeweils 19.30 Uhr im großen Saal des Neuen Theaters (mz)