Neue Residenz in Halle Neue Residenz in Halle: Herrschaftssitz der Künste

HALLE/MZ - Die Neue Residenz als Künstlerhaus, als Kreativzentrum im Herzen der Stadt, so lautet die kühne Vision für eines der bedeutendsten Bauwerke der Frührenaissance in Deutschland. Am Domplatz sollen Ateliers und Werkstätten und eine Galerie einziehen, aber auch Theater und andere Veranstaltungen endlich die Residenz beleben. Dafür wirbt bei der Stadt und dem Land derzeit eine Gruppe von Vereinen und Künstlern. „Werkraum Halle - Neue Residenz“ nennen sie ihr Projekt.
Das Geisetalmuseum der Universität ist lange geschlossen, auch die Moritzburg würde ihr Depot hier gerne räumen. Nur die Themengärten des Beruflichen Bildungswerkes Halle-Saalkreis sorgen seit Jahren für Zehntausende Besucher. Doch eine dauerhafte Lösung ist auch das nicht, für die Zukunft des vielleicht schönsten und seit Jahren durch Leerstand bedrohtesten Ortes in Halles Innenstadt.
„Die Stadt und das Land haben keine Vision für die Neue Residenz. Das Land möchte die Immobilie hingegen gerne verkaufen“, sagt „Werkraum“-Mitinitiator Stephan Schirrmeister vom Verein „Haushalten“. Die Neue Residenz aber sei zu bedeutsam für Halle, um nicht öffentlich genutzt zu werden. Schirrmeister hat unter anderem den bekannten Gasthof „Goldene Rose“ für eine Zwischennutzung durch Ateliers praktisch vor dem Verfall gerettet - das Künstlerhaus trägt sich heute wirtschaftlich selbst.
Kardinal Albrecht von Brandenburg hat die 5 000 Quadratmeter große Neue Residenz zwischen 1531 und 1539 bauen lassen. Das Land als Eigentümer hat allein seit 2011 für rund 700 000 Euro Portal-Fassade und Decke im Großen Saal saniert. 2009 hatte das Land seine Käufersuche gestoppt. Damals war vom Sanierungsaufwand in zweistelliger Millionenhöhe die Rede - unter der Hand von 20 Millionen.
Die Neue Residenz freilich wäre ein ganz anderes Kaliber. Die Nutzung als Künstlerhaus solle zudem dauerhaft sein. „Das Ensemble könnte als Nachfolger dienen, wenn das Künstlerhaus 188 in Böllberg tatsächlich dem Straßenausbau weichen muss. Aber auch so gibt es in Halles sehr viele Künstler, die jetzt überall in der Stadt verteilt sind und eine Bleibe in der Innenstadt suchen“, sagt Anne Holderied vom Künstlerhaus 188. Im alten Residenz-Gemäuer könnte vieles an einem einzigartigen Ort gebündelt werden. „Das wäre gut für die Stadt, für den Tourismus - und für die Künstler“, sagt Schirrmeister. Natürlich weiß er, dass das Projekt am Ende auch eine Geldfrage ist. „Das kommt aber auch darauf an, was für einen Sanierungsstand man haben will. Zunächst werden wir sehen, was im jetzigen Bestand möglich ist - die Gebäude sind ja vom Land gesichert.“
Bei der Stadt und auch beim Land ist das Projekt zunächst zumindest nicht auf Ablehnung gestoßen. Im Gegenteil: „Wir unterstützen die Idee der jungen Leute, die Neue Residenz für Kreativwirtschaft zu nutzen“, sagt Halles Kulturbeigeordnete Judith Marquardt. Auch Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) signalisiert Interesse. „Viele Künstler haben mich angeschrieben, dass die Freie Szene ein bisschen abrutscht. Viele Kreative fühlen sich von der Hochkultur entrückt“, so der Oberbürgermeister.
Seit Jahren schon ist die Neue Residenz eines der größten Immobilien-Sorgenkinder des Landes. Perspektivisch wolle man verkaufen, da das Gemäuer für Verwaltungszwecke nicht geeignet sei. „Einen Kaufinteressenten gibt es aktuell aber nicht“, hieß es gestern aus dem Finanzministerium. Nach MZ-Informationen habe man sich in Gesprächen mit der Stadt darauf verständigt, die Immobilie bis zum Ende der Luther-Dekade 2017 nicht anzubieten.