Nadine Smit und Nadine Müller Nadine Smit und Nadine Müller: So lebt und liebt Halles Sport-Traumpaar

Halle (Saale) - Der Satz überrascht. „Ich bin hier die Prinzessin“, sagt Nadine Smit. Soll heißen: „Ich habe immer Recht.“ Das steht sogar so auf der Hülle ihres Handys, das neben ihr auf dem Tisch liegt. Und noch während das helle Lachen der Handballerin den Raum erfüllt, erklärt Nadine Müller ihr gegenüber milde lächelnd, während die Hand Labrador Polly zu ihren Füßen tätschelt: „Ich bin dafür die, die am ehesten nachgibt.“
Die Diskuswerferin sitzt nach dem Spaziergang durch Halles Innenstadt mit ihrer Partnerin in einem Café. Beide trinken einen Cappuccino. Und genießen die Zeit einmal abseits vom Leistungssport, der sonst ihr Leben ganz klar dominiert.
Die zwei, das spürt man, tuen einander gut. „So richtig streiten können wir uns gar nicht“, relativiert deshalb auch Nadine Smit ihre frühere Aussage. Beide lieben die Harmonie.
Nadine Müller ist oft zu Gast bei den Handballspielen
Dass Nadine und Nadine ein Paar sind, ist offensichtlich. Seit Monaten ist das ein offenes Geheimnis. Beim Sportlerball in Magdeburg haben sich die zwei, die sich vor mehr als einem Jahr über Freunde kennengelernt haben, Sachsen-Anhalts Sportwelt Seite an Seite gezeigt.
Wenn es Nadine Müllers Trainings- und Wettkampfplan erlaubt, feuert sie ihre Partnerin bei allen Bundesligaspielen von der Tribüne aus an. Und Nadine Smit hat sich auch schon im Wurfring ausprobiert. Mit ihren 27 Diskus-Metern verdiente sich die Ballgewandte den Respekt der halleschen Wurf-Elite.
Frau liebt Frau - „in der heutigen Zeit ist das kein Tabuthema mehr“, sagt die Leichtathletin. Und doch hat sich die 33-Jährige zu Beginn ihrer Erfolgskarriere nicht zu so persönlichen Fragen geäußert. Es ist nun einmal nicht ihr Charakter, ihr Leben außerhalb des Sports öffentlich zu erklären.
Mit ihrer Homosexualität machte Nadine Müller keine schlechten Erfahrungen
Freunde und Trainingskameraden wussten Bescheid und sind wie selbstverständlich mit ihrer Homosexualität umgegangen. „Ich denke, meine Konkurrentinnen ebenfalls“, sagt Nadine Müller, „ich hatte nie das Gefühl, dass sie damit ein Problem hätten.“
Schlechte Erfahrungen gibt es also nicht. Nach ihrer Eheschließung 2013 mit ihrer damaligen Partnerin hatte die Sportlerin im Hochgefühl aufgehört, Fragen zum Privatleben abzublocken. Schwerer ist es ihr da schon gefallen, später über die Scheidung zu sprechen. Die gescheiterte Beziehung hatte ihr - natürlich - zugesetzt. Wer spricht schon gern über solche Nackenschläge.
Nadine Smit wirkt unbefangen. Die Frohnatur hatte sich vor zwei Jahren bei einer Kampagne über Homosexualität im Sport öffentlich zu Wort gemeldet. Berührungsängste kennt sie nicht. Hauptsache, Frau ist glücklich.
Partnerschaft mit Nadine Smit half Müller aus einem Tief
Die beiden Sportlerinnen sind es ganz offensichtlich. Die neue Partnerschaft, das sagt Nadine Müller heute, hat ihr mit aus einem Tief geholfen. Nach zwei mageren Sportjahren, die von Verletzungen geprägt waren, durfte sie vergangenen Sommer in Berlin als Vizeeuropameisterin endlich wieder den Erfolg auskosten.
Nadine Müller gehört seit mehr als einem Jahrzehnt zu den weltbesten Diskuswerferinnen. Ihre größten Erfolge feierte die von der Bundespolizei geförderte Athletin des SV Halle bei den Weltmeisterschaften 2011 und 2015 mit dem Gewinn von Silber und Bronze. 2012 und 2018 kam EM-Silber dazu. In diesem Jahr will die 33-Jährige ihre Erfolgsserie bei der WM fortsetzen. 2020 lockt Olympia.
Nadine Smit kam 2015 nach Halle. Die Physiotherapeutin führt Unions Handballerinnen als Kapitänin an und gilt als Universalwaffe. Ob Außen, Rückraum Mitte oder am Kreis - die 26-Jährige ist überall einsetzbar.
Und teilte das Glück mit ihrer Nadine. Sie war zu dieser Zeit selbst gerade in Kirchhof bei einem Turnier gefordert, verfolgte mit den Teamkolleginnen in einer Spielpause die Fernsehübertragung. „Ich habe alle mit selbst gebastelten Stickern versorgt“, erzählt die Handballerin, „sogar unsere Gegnerinnen.“ Der kollektive Freudentaumel nach dem Silberwurf ihrer Freundin war auch für sie ein Erlebnis, das sie so schnell nicht vergisst.
Die sieben Jahre jüngere Teamplayerin empfindet ihr Miteinander in guten, aber auch schweren Stunden als Gewinn. „Wenn es im Training oder Wettkampf mal nicht läuft, dann ist es gut, das bei jemand abladen zu können“, sagt Nadine Smit. Sich in ihre Lage zu versetzen, das kann Nadine Müller.
Liebe zwischen Leistungssportlerinnen hat Vorteile
Sicher, eine Beziehung zwischen zwei Leistungssportlern hat so manchen Vorteil. Es ist gut, sich nicht erklären zu müssen, wenn man nach einer besonders harten Trainingseinheit kaputt ist. Da reicht die Lust abends gerade noch für Kino oder auf der Couch gemeinsam fernzusehen.
„Und wenn man noch vorm Aufstehen von Dopingkontrolleuren aus dem Bett geklingelt wird, dann erfordert das auch viel Verständnis von dem anderen“, weiß Nadine Müller. Unter Sportlern gibt es das.
Klingt alles einfach. Und ist es doch nicht immer. Ein Urlaub zu zweit? „Den wird es für uns erst mal nicht geben“, weiß Nadine Smit. Wenn ihre Handball-Saison im Juni zu Ende geht, dann startet Nadine Müller in ihre heiße Wettkampfphase.
Hausbau bei Bitterfeld: Nadine Müller bindet sich an die Region
Im Augenblick verbringen die zwei so viel Zeit wie möglich miteinander. Ihre kleine Wohnung unweit des Trainingsgeländes, in die Nadine Müller nach der Scheidung gezogen ist, hat sie gerade wieder abgegeben, wohnt übergangsweise bei ihrer Partnerin. Denn das Haus, das Nadine Müller nahe ihrer Eltern in einem kleinen Örtchen bei Bitterfeld baut, ist noch nicht ganz fertig.
Mit dem Eigenheim bindet sich die Leichtathletin an die Region. Und die Handballerin aus Oldenburg, die gerade wieder für zwei Jahre in Halle verlängert hat? „Vorstellen kann ich mir das schon, hierzubleiben“. Als Physiotherapeutin findet sie überall Arbeit - ebenso übrigens wie die bei der Bundespolizei angestellte Partnerin. Auch eine Prinzessin braucht nicht zwangsläufig ein Schloss. Der richtige Partner tut’s auch. (mz)