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Leute von nebenan Leute von nebenan: Urlaubsfahrt zum Wohnsitz der Götter

Von Peter Godazgar 14.03.2002, 19:10

Halle/MZ. - Es war eine Urlaubsfahrt der besonderen Art, weiß Gott. Eine gutes halbes Jahr dauerte sie, und in dieser Zeit hat Daniel Ehlers 20 Kilo abgenommen. Gleich zu Beginn fing er sich eine kleine Lungenentzündung ein, "das war natürlich nicht so toll", sagt er. Wie oft er unterwegs zusammengebrochen ist, weiß er nicht, aber es gab Momente, da war er kurz davor, liegen zu bleiben. Und manchmal wurden er und sein mitreisender Freund mit Steinen beworfen.

76 Augenblicke dieser Reise sind derzeit in der Galerie Marktschlösschen zu sehen. "Nahe den Göttern. Porträts von Tibets" hat Daniel Ehlers seine Fotografien genannt. Die Bilder sind durchaus bemerkenswert - dennoch sagt der 25-Jährige: "Ich sehe mich nicht als Fotograf. Es sei ihm nur darum gegangen, "einen Eindruck zu geben von der Vielschichtigkeit dieser fremden Kultur."

Mit Kunst hat der junge Mann mit dem runden Gesicht und der hohen Stirn gleichwohl zu tun: Seit 1997 studiert er an der Burg Giebichenstein Malerei und Grafik; im Frühjahr hat er außerdem an der Martin-Luther-Universität ein Zweitstudium in den Fächern Philosophie und Kunstgeschichte aufgenommen.

Nachwirkung seiner Tibet-Reise? Nein, sagt Ehlers, "Nachdenklichkeit liegt bei uns in der Familie". Die Liebe zu Tibet begann 1998. Damals besuchte er das Land zum ersten Mal - und es ließ ihn nicht mehr los. Auf der Expedition im vergangenen Jahr legten Ehlers und sein Freund, ein Berliner Physiotherapeut, rund 2 200 Kilometer zurück, größtenteils zu Fuß. Von Lhasa, der Hauptstadt Tibets, ging es nach Norden über den Transhimalaya bis zum heiligen Berg Kailash, vorbei an ewig schneebedeckten Gipfeln, den Orten, wo die Götter wohnen, und über mehrere Fünf- und einen Sechstausender.

Ehlers - in Lauchhammer geboren und in Potsdam aufgewachsen - traf unterwegs mehrere große Lamas (tibetische Mönche), aber auch viele Nomaden und Bauern, und gerade diese Begegnungen waren es, die ihm ein faszinierendes Bild des unwirtlichen Landes vermittelten. Selbst für die - freilich seltenen - Steinwürfe, die manche Nomaden gegen die seltsamen Fremden richteten, hat Ehlers Verständnis; die Angst vor Räubern sei schließlich durchaus begründet. Auch das Duo aus Deutschland wurde ausgeraubt: Ehlers verlor auf diese Weise die Hälfte seiner Fotos. So brachte er "nur" noch 1 500 Dias mit nach Hause.

Er habe in dieser Zeit "ganz Elementares gelernt", sagt er: Er weiß, was Hunger und Durst bedeuten; er war auf sich selbst zurückgeworfen in der unendlichen Weite der kargen Hochebene; und er hat, in den Begegnungen mit den Tibetern, vor allem die Bedeutung von Freundschaft erfahren.

Das war''s? Noch lange nicht! Daniel Ehlers will wieder zurück in das Schneeland, in ein, zwei Jahren vielleicht. Tibet, sagt er, "ist für mich noch nicht abgeschlossen".

Daniel Ehlers Fotografien sind noch bis Sonntag, 17. März, in der Galerie Marktschlösschen zu sehen; Freitag von 10 bis 19 Uhr, Samstag und Sonntag von 10 bis 18 Uhr.