1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Lesebrille nicht mehr nötig

Lesebrille nicht mehr nötig

Von HEIDI POHLE 18.01.2009, 18:25

HALLE/MZ. - sie, die in Sennewitz bei Halle lebt, im Klinikum operiert worden. Das ist eigentlich ein Routine-Eingriff, der in Deutschland rund 600 000 Mal im Jahr vorgenommen wird. Bislang sind die Patienten danach aber immer noch auf eine Lesebrille angewiesen. Auf die wird Franziska verzichten können - ihr wurde eine Mehrstärken-Kunstlinse eingesetzt, die gleichzeitig die Hornhautverkrümmung korrigiert.

"Das ist das neueste Operationsverfahren beim grauen Star, das noch vor einem halben Jahr undenkbar gewesen wäre", wie der Direktor der Universitätsklinik für Augenheilkunde, Prof. Gernot Duncker, sagt. Seine Klinik gehört bundesweit zu den ersten, in der es erfolgreich angewendet wird.

Am Wochenende waren dort rund 400 Kollegen aus dem In- und Ausland zu Gast, um sich über diese und andere Implantations- und Transplantations-Techniken zu informieren. Auf dem Programm des 11. Halleschen Symposiums der Augenheilkunde standen unter anderem 41 Operationen in sieben OP-Sälen, die direkt in einen Hörsaal übertragen und kommentiert wurden. Darunter war der in örtlicher Betäubung vorgenommene Eingriff bei Franziska Stephan, die die speziell für sie angefertigte Mehrstärken-Kunstlinse erhielt. Die junge Frau ist froh, bald ohne Einschränkungen sehen zu können; im Februar kommt das linke Auge dran. Dann dürfte der graue Star, der, wie die angehende Grafik-Designerin sagt, in der Familie liegt und eigentlich nur im höheren Lebensalter auftritt, endgültig besiegt sein.

Spektakulär war auch die Implantation einer künstlichen Regenbogenhaut (Iris). Die Iris-Prothese, ein neuartiges und flexibles Implantat, das es erst seit kurzem gibt, wurde Melanie Flämig eingesetzt. Die Studentin, ebenfalls 21 Jahre alt, hatte Silvester vor einem Jahr durch eine Rakete einen Glassplitter ins Auge bekommen. Das sei eine sehr schwere Verletzung gewesen, so Duncker, bei der die Regenbogenhaut zerstört und die Netzhaut geschädigt worden war. Eine Notoperation verhinderte Schlimmeres. Trotzdem war die Sehfähigkeit der aus Pouch bei Bitterfeld stammenden jungen Frau enorm eingeschränkt, da sie stark blendempfindlich war; die Iris reguliert ja den Lichteinfall des Auges.

Schritt für Schritt sei das Auge wieder aufgebaut worden, so der Klinik-Direktor. Am Samstag nun, in der fünften und letzten Operation, ist die Iris-Prothese eingesetzt worden. Wie das kleine, biegsame Scheibchen, das vom Aussehen her kaum vom gesunden Auge zu unterscheiden ist, platziert wurde, verfolgten die Teilnehmer des Symposiums interessiert. Die jährlichen Tagungen mit wechselnden Themen gehören bundesweit mittlerweile zu den größten auf dem Gebiet der Live-Augenchirurgie.