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«Kräuterhexe» mit Diplom

Von Kornelia Privenau 02.05.2007, 14:56

Landsberg/MZ. - Die 47-jährige Thüringerin ist nicht böse, wenn man sie eine Kräuterhexe nennt (so steht es auch auf ihrer Homepage), wenngleich die frühere Kranken- und Operationsschwester Wert darauf legt, dass sie sich seit der Wende ernsthaft mit diesen "nützlichen Ergänzungen der Schulmedizin" beschäftigt und sich jedes Jahr in mehreren Seminaren neue Kenntnisse aneignet. "Ich darf schröpfen und Blutegel ansetzen", sagt sie.

Augenzwinkernd meint sie: "Mein schönes Thüringen habe ich zu Walpurgis 2004 verlassen und bin nach Reinsdorf gezogen. Inzwischen kenne ich die Natur in der Umgebung sehr genau, weiß, wo ich meine Kräuter und Pflanzen finde. Und wer kann schon von sich sagen, hinter meinem Haus wächst ein Bärlauchwald?"

Was sie dann sagt, ist verblüffend: "Die Pflanzen suchen sich den Menschen." Dolores Hartmann hat ein Beispiel parat: "Wenn in einem Garten viel Johanniskraut wächst, könnte sein Besitzer zu Depressionen neigen."

Das Interesse für Kräuter, Pflanzen und Früchte prägten die Großmutter und eine alte Nachbarin bei Dolores Hartmann aus. "Die Apotheke Gottes, davon hatte ich zuvor nie etwas gehört", erzählt die dunkelhaarige Frau lebhaft. Alte Rezeptbücher, zum Teil aus dem 19. Jahrhundert, gehören inzwischen längst zu ihren Heiligtümern. Kräuterbrot wird danach gebacken, Salben, Gelee und Wein gemacht. Oft experimentiert sie auch selbst, verändert Mischungen und Zutaten wie zum Beispiel bei einem wundervollen Kräutersalz mit Bärlauch.

Dolores Hartmann hat sich mit ihrem Wissen längst einen Namen gemacht - schon damals in Thüringen. Sie zeigt ihr "Landgräfliches Diplom" für ein archäologisches Praktikum auf der Runneburg bei Weißensee. Es bescheinigt ihr ein erstaunliches Wissen - erworben im Selbststudium und in Kursen. So ist es kein Wunder, dass der neue Verein Civitas Landsberge, der sich Geschichtsforschung und Pflege mittelalterlicher Bräuche verschrieben hat, auf Dolores Hartmann aufmerksam geworden ist. "Ich war sofort begeistert", sagt Frau Hartmann, die zwei erwachsene Söhne hat.

So steht sie nun tagsüber und nicht selten auch nachts in ihrer Küche und braut, köchelt, bäckt, mixt und häckselt. Gern bietet sie Interessenten einen Einblick, obwohl sie viel zu tun und eigentlich auch Stress hat vor den Veranstaltungen des Vereins, denn: Bei Vorträgen zum Beispiel wird das Programm immer abgerundet mit einer Kostprobe aus der grünen Kräuterküche von Dolores Hartmann. "Es macht mir viel Spaß, immer mehr Leute sind wissbegierig und wollen selbst mit Kräutern arbeiten."

Vom 15. bis 17. Juni, wenn der Verein Civitas Landsberge auf der Felsenbühne der Stadt "Sunniwenti", die Sonnenwendfeier 2007, feiert, wird Dolores Hartmann dabei sein. Sie reist dann mit "sehr großem Gepäck" zur Felsenbühne. In ihren Körben verstaut sie auch frisches Brot, Veilchenlikör, Rosenblütengelees, Blut stillenden Spitzwegerich, Bärlauchbutter und den "Ginseng unserer Breiten", die Brennnessel. Die habe genau wie ihr "Liebespulver", das mit Zimt und Pfeffer gemacht wird, eine aphrodisierende Wirkung.