Körperspende Körperspende: Wo der Tod dem Leben hilft
Halle (Saale)/MZ. - Über den eigenen Tod nachzudenken, macht keinen Spaß. Doch es ist gut, wenn einem jemand wie die Professorin Heike Kielstein dabei hilft. Die Ärztin sprach im Hörsaal des Anatomischen Instituts der halleschen Universität über die Möglichkeit, Körperspender zu werden. Körperspender ist jemand, der sich bereit erklärt, seinen Körper nach dem Ableben für Lehr- und Forschungszwecke zur Verfügung zu stellen. Denn in der Anatomie ist man auf derartige Spenden angewiesen. Zwar gibt es genügend Spender, doch werden auch immer neue benötigt - im hiesigen Institut etwa 35 pro Jahr.
Wie läuft das mit so einer Körperspende? Wer sich dazu entschlossen hat, nimmt Kontakt zum Institut für Anatomie auf - vorausgesetzt er wohnt im Umkreis von 100 Kilometern. Die Familie sollte über den Willen des Spenders Bescheid wissen. Ist der Tod nämlich eingetreten, dann muss das Anatomische Institut innerhalb von 72 Stunden benachrichtigt werden. Der Spender wird dorthin gebracht. Durch eine kleine Kanüle, die man ihm in die Leistenbeuge legt, bekommt er ein Konservierungsmittel injiziert.
Geld gibt es dafür übrigens nicht. Im Gegenteil, seit es kein Sterbegeld mehr gibt, ist ein Anteil an den Bestattungskosten von 750 Euro zu zahlen. Bestattung? Selbstverständlich. Jedes Jahr im Mai werden die Überreste der Spender an der Ehrengrabstätte der Medizinischen Fakultät auf dem Gertraudenfriedhof beigesetzt. "Und das", so Kielstein, sei hier ein wichtiger Termin, besonders für die Studenten. Nehmen die doch neben Professoren und Mitarbeitern des Instituts an der Feier nicht nur teil, sondern stellen auch Chor und Orchester. Und sie tragen die Urnen mit der Asche "ihrer" Körper, die sie in- und auswendig kennengelernt haben, zur Grabstätte.
Der Präparierkurs - dafür werden Leichname hauptsächlich gebraucht. An der halleschen Uni findet er für Studenten der Medizin und Zahnmedizin im dritten Semester statt. Haben sie sich zuvor theoretisch mit dem Aufbau des menschlichen Körpers befasst, geht es nun ans "Aufschneiden" - nichts anderes bedeutet "Anatomie" schließlich. Und dann müssen alle Organe, Nerven, Muskeln und Blutgefäße mit Lage, Verlauf und lateinischem Namen auswendig gelernt werden. Denn nur, wer über den normalen Körperaufbau Bescheid weiß, kann krankhafte Veränderungen rechtzeitig erkennen. Das leuchtet ein, nur: Müssen es tote Menschen sein? Kann man die Anatomie nicht auch am Lebenden studieren oder am Modell?
Die Professorin widerspricht entschieden. Patienten, Modelle und Röntgenbilder könnten das Studium am Leichnam ergänzen, aber niemals ersetzen. Zudem würden Leichen nicht nur für die studentische Ausbildung verwendet. "Erst kürzlich rief jemand aus der Orthopädie an", berichtet sie. "Das neue Modell eines Hüftimplantates war eingetroffen." Und ehe es einem Patienten eingesetzt werden konnte, haben die Ärzte die Operation an einem nicht mehr lebenden Körper "trainiert".
Für Heike Kielstein ist es wichtig, dass Studenten sich nicht nur mit dem Aufbau des Körpers, sondern auch mit Leben, Sterben und Tod auseinandersetzen. Klar - ohne Achtung vor dem Menschen können aus ihnen keine Ärzte werden. Jedenfalls keine guten.