Johanna Quaas Johanna Quaas: Turn-Oma aus Halle wagt Fallschirmsprung

Halle (Saale) - Perfekt! Kaiserwetter über dem Flugplatz Böhlen - oder besser: Queenwetter. Denn um die Queen geht es ja schon irgendwie an diesem sonnigen Sonntag auf dem kleinen Verkehrslandeplatz südlich von Leipzig.
Um die Queen - und um die Quaas, um Johanna Quaas nämlich, die quasi weltberühmte hallesche „Turn-Oma“, die seit 2012 einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde hält: als älteste Turnerin der Welt.
90 Jahre alt ist Johannes Quaas, also genau so alt wie die Queen. Was aber macht die Dame auf einem Flugplatz? Antwort: Sie löst einen Geburtstagsgutschein ein. Einen Gutschein für einen Fallschirmsprung!
Johanna Quaas bringt damit zu Ende, was die Queen sich nicht getraut hat. 2012 inszenierten die Briten zur Eröffnung der Olympischen Sommerspiele einen Fallschirmsprung mit ihrer Majestät und James-Bond-Darsteller Daniel Craig. Wie gesagt, die Queen wurde - natürlich - gedoubelt. Johanna Quaas nicht!
Keine Aufregung vor dem Start
Erstaunlich: Eine halbe Stunde vor dem Start ist die Turnerin die Ruhe selbst, beantwortet geduldig und in jede der vielen Kameras jede Frage. Ja, es ist ihr erster Sprung, Ja, sie hat gut geschlafen. Nöö, nervös sei sie nicht, das komme vielleicht kurz vor dem Absprung.
Johanna Quaas springt nicht alleine. Sie absolviert einen Tandemsprung - und ihr Partner ist derjenige, der ihr den Gutschein geschenkt hat, ein anderer weltbekannter Sportler: Eberhard Gienger, Europa- und Weltmeister im Reckturnen, Erfinder des Gienger-Saltos, inzwischen auch schon 63 Jahre alt, CDU-Bundestagsabgeordneter und, seit drei Jahrzehnten, Fallschirmspringer. Gut 5 000 Sprünge habe er bereits hinter sich, was soll da schief gehen?
Aber Schluss jetzt mit den Fragen. „Komm, Johanna“, sagt Gienger, „wir machen dich mal ausgehfein“. Den Sprunganzug gebe es nur in zwei Größen, erklärt er, „in passt und in passt sehr gut - und deiner passt jetzt halt“. Johanna Quaas, 50 Kilo leicht, schlüpft in das schwarze Textil, „oh, da wird’s aber ganz schön warm drin“.
Letzte Einweisungen: Nach dem Sprung: Kopf zurück, Füße nach hinten knicken - „das muss aussehen, wie ’ne Banane“, sagt Gienger. Gelandet werde nachher auf dem Allerwertesten, einfach die Beine hoch, Johanna, der Rest kommt ganz von selbst.
Na, Frau Quaas? Immer noch nicht nervös? „Eigentlich nicht.“
Um 11.01 Uhr startet der Pilot den Motor der Antonov 2, Baujahr 1973, um 11:06 Uhr wird’s richtig laut, die Antonov brüllt und rollt los, dann hebt der Brummer ab. 20 Minuten braucht der Flieger, um auf 3 200 Meter zu steigen.
Butterweiche Landung
Und dann springen sie: Johanna Quaas und Eberhard Gienger. 35 Sekunden freier Fall, danach sieben Minuten Schwebeflug am Fallschirm. Um 11:41 Uhr hat die Erde Johanna Quaas wieder, gemeinsam mit Eberhard Gienger legt sie eine butterweiche Landung auf dem Rasen hin.
Der ehemalige Geräteturner Matthias Breme eilt herbei und reicht den beiden noch am Boden Sitzenden zwei Blumensträuße. Quaas’ Ehemann Gerhard reicht einen Schluck Wasser. Küsschen für die Fotografen.
Und? Wie war’s? „Sehr schön“, sagt Johanna Quaas. Vor allem der Teil des Flugs, nachdem sich der Schirm geöffnet hatte, das Schweben, der Blick über die Landschaft. „Ich durfte sogar mal selbst lenken.“
Und die ganze Zeit keine Nervosität? Auch nicht kurz vorm Absprung? Da sowieso nicht, sagt Johanna Quaas und lacht. „Da war keine Zeit.“
Also gleich noch rauf? Warum nicht. „Das machen wir zu Deinem Hundertsten!“, ruft Eberhard Gienger. (mz)