Holocaust dank vieler Helfer überlebt
Halle/MZ. - Der 1932 geborenen frühere Professor für Geologie an der Uni Halle berichtete jetzt vor der evangelischen Studentengemeinde von seinem außergewöhnlichen Schicksal.
Schwab und sein 1996 verstorbener Zwillingsbruder Günther verdanken ihr Leben dem Engagement vieler Hallenser, die die Familie mit Lebensmitteln versorgten und halfen, wo sie nur konnten. Schwab: "Sie nahmen uns in Schutz, wo es nur ging. Ich bin diesen Leuten zu großem Dank verpflichtet." Noch heute lebt Schwab in der Saalestadt.
Vater starb in Auschwitz
Der emeritierte Hochschullehrer ist einer der wenigen Hallenser, die noch aus eigenem Erleben die Synagoge am Großen Berlin kannten. Die Familie, die um 1900 mit einem Viehhandel aus der Rhön ins wirtschaftlich aufstrebende Halle umgesiedelt war, zählte zum liberalen Judentum: Die Oma war Katholikin, die Mutter konvertierte vom evangelischen Glauben zum jüdischen - aus Liebe zum Vater, der in den 30er Jahren zum Vorstand der rund 1000 Mitglieder zählenden jüdischen Gemeinde gehörte. 1942 wurde er in Auschwitz ermordet.
Um ein Haar hätte sich Max Schwab einer von den Nazis angeordneten christlichen Zwangstaufe unterziehen müssen: Nachdem er 1944 nach vielen Schreiben der Mutter als Halbjude eingestuft wurde - der keinen Judenstern tragen musste - sollte er am 1. April 1945 getauft werden. Nach einem großen Bombenangriff auf das Bahnhofsviertel in Halle am Tag zuvor war dies passé.
"Mein Schicksal ist nicht das Schlimmste, gemessen an dem, was Juden widerfahren ist", berichtete er den rund 35 Zuhörern. Von den Repressalien wurde er weitgehend dadurch verschont, dass die Mutter die beiden Jungen weitgehend auf dem Firmengelände und dem angrenzenden Wohnhaus in der Delitzscher Straße vor der Außenwelt abschirmte.
"Wehret den Anfängen"
Zur Schule durften die Jungen seit der Reichspogromnacht im November 1938 ohnehin nicht mehr - was Max und Günther sehr wehtat. Mit Privatunterricht zu Hause, unter anderem durch eine entlassene Waldorf-Lehrerin, bekamen sie dennoch Zugang zu Bildung.
"Wehret den Anfängen" war die Botschaft des 75-Jährigen. Auch heute gebe es wieder Leute, die die Gräuel der Nazizeit leugnen oder Grabsteine auf jüdischen Friedhöfen schänden. Schon der frühere hallesche Rabbiner und Religionsphilosoph Emil Fackenheim (1916-2003) formulierte ein Gebot für alle Juden, das Schwab den Zuhörern mit auf den Weg gab: "Es ist den Juden verboten, Hitler nachträglich siegen zu lassen."