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Debatte um „M-Wort“ Halles Stadtrat Nette drohen Konsequenzen nach rassistischer Äußerung im Kulturausschuss

Freie Wähler-Stadtrat Gernot Nette fragte den dunkelhäutigen Vertreter der Kampagne „M-Wort abschaffen“, Noël Kaboré, ob dessen „Sippe“ von der deutschen Kolonialgeschichte betroffen gewesen sei. Nette gebrauchte auch das N-Wort.

Von Jonas Nayda Aktualisiert: 03.06.2021, 17:55
Blick auf die Mohr Gaststätte in der Burgstraße in Halle. Schon länger gibt es in der Saalestadt die Debatte, dass M-Wort abzuschaffen.
Blick auf die Mohr Gaststätte in der Burgstraße in Halle. Schon länger gibt es in der Saalestadt die Debatte, dass M-Wort abzuschaffen. (Foto: Kison)

Halle (Saale) - Die Sitzung des Kulturausschusses am Mittwochabend wird Konsequenzen für einen Stadtrat haben. Während der Diskussion um einen CDU-Antrag zur Kampagne „M-Wort abschaffen“ hatte sich auch der Freie Wähler-Stadtrat (Hauptsache Halle & Freie Wähler) zu Wort gemeldet. Es sei ihm „völlig schleierhaft“, wie man das Wort „Mohr“ negativ auslegen könnte, es sei Teil der deutschen Kultur.

In Halle haben man schon häufiger „pseudorassistische Begriffe“ entfernt. Den dunkelhäutigen Vertreter der Kampagne, Noël Kaboré, der als Gast in den Ausschuss eingeladen war, fragte Nette, ob dessen „Sippe“ von der deutschen Kolonialgeschichte betroffen gewesen sei. Nette gebrauchte auch das N-Wort, „das man ja auch nicht mehr sagen darf“ und das Teil der Sprachkultur sei. Er lehne Sprachverbote ab, sagte Nette.

Freie Wähler-Stadtrat  (Hauptsache Halle & Freie Wähler).
Freie Wähler-Stadtrat (Hauptsache Halle & Freie Wähler).
(Foto: Partei)

Scharfe Kritik an Gernot Nettes rassistischer Äußerung

Der Kulturausschussvorsitzende Kay Senius (SPD) hielt es nicht für notwendig, Gernot Nette für seine Äußerungen zur Ordnung zu rufen. Andere Räte, wie beispielsweise Dennis Helmich (Die Grünen) kritisierten Nette jedoch noch während der Sitzung scharf. Er entschuldigte sich als Ausschussmitglied bei Noël Kaboré, der mit einem berechtigten Anliegen in den Ausschuss gekommen sei. Es sei „eine Unverschämtheit und völlig unwürdig“, wenn verletzende Worte wiederholt würden, obwohl Menschen direkt davon betroffen seien.

Auch auf den Begriff „Mohr“ treffe das zu. „Wenn jemand sich verletzt fühlt durch einen absolut nachvollziehbaren Hintergrund, hat man das zu respektieren und nicht fortzusetzen“, so Helmich. Nach der Sitzung äußerten mehrere Stadträte auf Twitter ihren Unmut über Gernot Nette. Wenn sein Auftritt im Kulturausschuss von seiner Fraktion unwidersprochen bleibe, scheine „lupenreiner Rassismus dort sehr willkommen“ zu sein, schreib etwa die Stadtratsvorsitzende Katja Müller (Die Linke).

 Stadtrat droht nach rassistischer Äußerung nun Konsequenzen

Andreas Wels, Fraktionsvorsitzender von Nettes Fraktion Hauptsache Halle & Freie Wähler, kündigte auf MZ-Nachfrage Konsequenzen an. „Die Äußerungen machen mich zutiefst betroffen, es ist enttäuschend“, so Wels. Am Freitag werde die Fraktion zu einer Sondersitzung zusammenkommen, bei der Nette sich erklären soll. Außerdem soll es eine Abstimmung über den Ausschluss Nettes aus der Fraktion geben.

Der ehemalige AfD-Stadtrat Nette war erst vor wenigen Monaten zu Hauptsache Halle & Freie Wähler gewechselt. Zuvor saß er zwei Jahre lang als fraktionsloser Stadtrat in Halles höchstem kommunalpolitischem Gremium, weil er 2019 aus der AfD ausgetreten war. Er gehört inzwischen der Partei Freie Wähler an.

Forderungen nach Austritt: „Verhalten beschämend für alle demokratischen Ratsmitglieder“

Der Stadtverband und die Fraktion der halleschen Linken fordert die Fraktion Hauptsache Halle & Freie Wähler auf, sich von ihrem Stadtrat Gernot Nette zu trennen. „Was sich gestern im Kulturausschuss abgespielt hat, war beschämend für alle demokratischen Ratsmitglieder“, schreibt Jan Rötzschke, Vorsitzender des Stadtvorstandes in einer Pressemitteilung. Nette habe sich rassistisch und beleidigend geäußert und die Diskussionskultur im Rat torpediert.

Auch die Fraktion MitBürger & Die Partei meldete sich am Donnerstag mit einer Pressemitteilung zu Wort. Der Begriff „Sippe“, den Nette unter anderem verwendet hatte, stehe in direktem Zusammenhang mit der Rassenpolitik des Nationalsozialismus. Nette habe versucht, die Jahrhunderte alte Geschichte nicht-weißer Menschen in Deutschland unsichtbar zu machen. „Das Verhalten von Herrn Nette war eines Stadtrates nicht würdig und zeigt einmal mehr, dass Rassismus und Menschenverachtung auch vor demokratischen Gremien nicht Halt machen“, schreibt Fraktionsvorsitzender Tom Wolter. (mz)