Halle Halle: Vollmilchkönig Kim Scho-Ko
Halle (Saale)/MZ. - Ist er nicht süß? - Zweifellos. Denn der Mann, der gerade als plastischer Porträtkopf die neue Ausstellung im Volkspark ziert, ist voll und ganz aus Schokolade. Ob er sonst süß ist, mag Geschmackssache sein. Jung zumindest ist er - und fiel als frisch gekürter Herrscher seines bettelarmen Landes bis vor Kurzem noch unter politischen Welpenschutz. Sein Diktatoren-Opa ließ sich einst schlicht und bescheiden "Die Sonne Koreas" nennen. - Und er? Kim Scho-ko oder Kim, der Süße wären Beinamensvarianten, die diesem Herrscher etwas von der Aura des Unberechenbaren und Gefährlichen nehmen könnten.
Besagter Vollmilch-König, der diese Idee nahelegt, ist zweifellos das spektakulärste Objekt der Schau, die etwas sperrig-akademisch "Material Schokolade - Kunstobjekte zur Speise der Götter" heißt. 17 Studenten der halleschen Kunsthochschule Burg Giebichenstein haben Arbeiten dazu beigesteuert. Der Kopf, den Marcus Biesecke geformt hat, steht neben etlichen anderen Kreationen, deren junge Schöpfer der "zarten Versuchung" nicht widerstehen konnten, mit der süßen Masse auch ein paar bitterschokoladigen Tatsachen künstlerische Gestalt zu geben. Dem Einheitsbrei der industriell gefertigten Ernährung beispielsweise: Gezeigt wird ein Fertiggericht aus Schoko-Kartoffeln, Schoko-Erbsen und Schoko-Gulasch - dargereicht in einer dreiteiligen Assiette. Und zu sehen ist auch ein Altar zur Verehrung alles Süßen, weiterhin ein von Petra Reichenbach geschaffener Globus aus weißer und brauner Schokolade - beschriftet mit Begriffen, die die ambivalenten Gefühle verdeutlichen, die das Kakao-Produkt und der Handel damit auch immer wieder mal auslösen.
Wohl auf der gleichen Linie liegt auch das Objekt "Nagelkiste", das viele Nägel aus reiner Schokolade beinhaltet - aber auch ein paar echte Nägel mit Schokoüberzug. Beides ist praktisch nicht zu unterscheiden - und deutet in der vermutlichen Aussage auf unsichtbare Gefahren im Umgang mit der edlen Speise hin. Die liegen ja aus hiesiger Sicht nicht so sehr darin, dass man sich beim Kauf von Schokolade gleich ruinieren muss, sondern ganz im Gegenteil in der fast ständigen Möglichkeit ihres Verzehrs im Übermaß - samt den gesundheitlichen Folgen.
Anders ist das an den Fundstellen dieses für uns so billigen "braunen Goldes": Immer wieder ist von Kinderarbeit, von Hungerlöhnen und umweltzerstörenden Monokulturen in kakaoproduzierenden Dritte-Welt-Ländern die Rede - und von Initiativen wie dem "fairen Handel", die Auswüchsen auf dieser Strecke entgegentreten.
Das dürfte übrigens auch im Sinne der Schokoladen-Produzenten selbst sein, was man allein schon daran erkennt, dass sie auch potenziell kritische Kunstprojekte wie das der "Burg" unterstützen. In diesem Fall ist es der Hersteller von "Ritter Sport" - der die Schau der Hallenser anschließend bei seiner 100-Jahrfeier im Museum Ritter in Waldenbuch zeigen wird.
Die Ausstellung ist bis 15. April in der Hochschulgalerie im Volkspark (Burgstraße) zu sehen. Geöffnet werktags ab 14 Uhr, an Wochenenden ab 11 Uhr.