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Halle/Saalekreis Halle/Saalekreis: Fehlalarm an der Saale?

Von NIKOLAUS SCHULZ UND MICHAEL FALGOWSKI 22.08.2011, 20:06

BRACHWITZ/MZ. - Das Großaufgebot an Tauchern, Feuerwehrleuten und Polizisten ist aus Brachwitz wieder abgerückt. War es ein Scherz unter Paddlern? Hat ein Kind in der Saale kalte Füße bekommen und "Papa, Papa" gerufen? Eine gewaltige Suchaktion war am Sonntag wegen dieser Hilferufe ins Rollen gekommen. Bis zum Einbruch der Dunkelheit suchten 65 Helfer, ein Hubschrauber flog den Fluss ab, drei Taucher waren immer im Wasser, zwei Hunde schlugen an der gleichen Stelle an. Am Montag nun gab die Polizei auf. "Wir haben die Suche nicht mehr fortgesetzt. Am Vormittag wurden lediglich weitere Zeugen befragt", sagte Jürgen Müller, Sprecher der Saalekreis-Polizei. Auch eine passende Meldung in der deutschlandweiten Vermisstenkartei gebe es nicht. Die Suche wurde am Nachmittag endgültig abgeblasen.

Zeugin beteuert Hilferufe

Im kleinen Ort Brachwitz war der Einsatz am Montag Thema Nummer eins. Viele Anwohner haben ihre eigene Erklärung zu den Vorkommnissen. Zwei Kanufahrer hätten nur "etwas rumgealbert", vermutet ein Brachwitzer, der nahe am Fluss wohnt. Eine ähnliche Situation habe es schließlich vor einiger Zeit mit zwei Schlauchbootfahrern gegeben, die nach einem missglückten Startversuch ebenfalls um Hilfe geschrien hätten. Ganz anders sieht es die Frau, die am Sonntag die Rettungskräfte alarmiert und den Einsatz erst ins Rollen gebracht hatte. Sie bleibe bei ihrer Schilderung, sagte sie der MZ. Ihren Namen will sie nicht in der Zeitung lesen. "Ich gehe davon aus, dass ein Kind ins Wasser gefallen ist und dessen Vater anschließend versucht hat, es zu retten", beteuert die Brachwitzerin. Sie habe erst deutlich die Rufe des Kindes, danach die Schreie eines Erwachsenen gehört.

Das kann sich die Polizei nicht erklären. Es hätten sich keine neuen Anhaltspunkte für ein Unglück ergeben. "Vor allem sind zwei Männer, die auf ihrer Terrasse nahe der Saale saßen und den Hilferuf gehört haben, sofort zum Saaleufer gerannt. Dort haben sie aber nichts bemerkt", so Müller. Warum die beiden Suchhunde auf der Saale an der gleichen Stelle angeschlagen hatten, dafür fanden die Taucher später einen möglichen Grund: ein Knochen, höchstwahrscheinlich menschlich. Allerdings ging das Skelettteil in der Flussströmung wieder verloren. Die Hunde können Tote bis zu 30 Meter Tiefe im Wasser wittern.

An der Suche waren am Sonntag insgesamt 65 Helfer beteiligt. Und aus Oppin war der Hubschrauber angefordert worden, der die vermeintliche Unglücksstelle überflog. Die hektische Suche wurde im Laufe des Nachmittags sogar flussaufwärts in Richtung Franzigmark ausgedehnt.

Am frühen Sonntagnachmittag war der Schiffsverkehr auf der Saale wegen der Suchaktion von der Wasserschutzpolizei gestoppt worden. Auch die Fähre blieb deswegen bis zum Abend am Brachwitzer Ufer liegen, wodurch einige hundert Euro Verlust entstanden. "Doch es geht um Menschenleben. Da ist der Verdienstausfall verkraftbar", zeigte Pächter Karl Michael Reuter Verständnis.

Kosten trägt Saalekreis

Was die sehr aufwändige Suchaktion insgesamt gekostet hat, das konnten am Montag weder Rettungsleitstelle noch Polizei sagen. "Das Geld bekommt man natürlich als Feuerwehr nicht zurück", sagt Reinhard Hedel, Chef der Freiwilligen Wehr von Brachwitz.

Im Zweifelsfall bleibt der Saalekreis auf den Kosten etwa für den Hubschrauber oder den Einsatz der Taucher sitzen. "Keinesfalls aber muss die Anruferin die Kosten tragen. Schließlich entscheidet sie mit ihrer Meldung nicht über den Umfang der Rettungsaktionen", sagt Polizeisprecher Müller. Er weiß, dass es diesbezüglich aber Befürchtungen bei vielen Bürgern gebe. Wenn eine solche Alarmierung nicht mutwillig, aus Jux eben, geschehe, müsse die Allgemeinheit die Kosten tragen. Als Polizei sei man schließlich auf die Hilfe der Bürger angewiesen.