Gedenken an letzten Holocaust-Zeitzeugen in Halle Halle nimmt Abschied von Max Schwab
Der letzte Zeitzeuge des Holocaust in Halle ist gestorben. Der promovierte Geologe wurde 92 Jahre alt.
Halle (Saale)/MZ. - Halle nimmt Abschied von Max Schwab. Der letzte hallesche Zeitzeuge des Holocaust ist am 13. April gestorben. Er wurde 92 Jahre alt. Das teilte der Verein Zeitgeschichte(n) Halle am Freitag mit.
Max Schwab wurde am 1. März 1932 in Halle geboren. Er wuchs mit seinem 1996 verstorbenen Zwillingsbruder Günther bei seinen Eltern Margarethe und Julius Schwab und seiner Tante Selma auf. Sein Elternhaus in der Merseburger Straße 166 wurde 1945 durch Fliegerbomben zerstört. Heute befindet sich dort das Maritim-Hotel, vor dessen Eingang Stolpersteine an Julius Schwab und Selma Appel, geb. Schwab, erinnern.
Max Schwabs Vater Julius betrieb in Nähe des Güterbahnhofs eine Viehhandlung. In der November-Pogromnacht 1938 wurde Julius Schwab, der Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde Halle war, von der Gestapo verhaftet, in das KZ Buchenwald gebracht und wenig später mit der Auflage entlassen, Deutschland binnen eines Monats zu verlassen. Nach vergeblichen Versuchen, ein Visum für die USA zu erhalten, floh er in die Niederlande. Nach dem Einmarsch deutscher Truppen wurde der 52-Jährige in das KZ Westerbork eingewiesen, am 14. September 1942 per Bahn in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort zwischen dem 16. und 20. September 1942 mit Gas ermordet.
Als der Deportationszug auf dem Güterbahnhof Halle einen Zwischenhalt hatte, hörte ein Eisenbahner eine Stimme rufen: „Ich bin Julius Schwab. Grüßt meine Familie!“ Der Mann, der vermutlich die Viehhandlung Schwab kannte, übermittelte die Botschaft an Margarethe Schwab und die damals zehnjährigen Zwillingssöhne. Es war das letzte Lebenszeichen von Julius Schwab. Dessen Schwester Selma war bereits am 1. Juni 1942 zusammen mit 154 weiteren Juden von Halle nach Sobibor deportiert und am 3. Juni 1942 mit Gas ermordet worden. Auch die Familie des Onkels Fritz Schwab wurde in Auschwitz ermordet, Stolpersteine für sie liegen vor dem Haus Rannische Straße 1.
Ab Ende 1938 durften Max und Günther Schwab als „Halbjuden“ keine öffentliche Schule mehr besuchen. Die Mutter organisierte privaten Unterricht, so dass Max Schwab 1950 an der Thomas Müntzer-Oberschule das Abitur ablegen und später Geologie an der halleschen Universität und an der Humboldt-Universität Berlin studieren konnte. Nach Promotion und Habilitation war Max Schwab ab 1984 Leiter des Wissenschaftsbereiches Geologische Wissenschaften und des Geiseltalmuseums der Uni Halle. Max Schwab wurde 1991 Mitglied der Leopoldina, zudem war er unermüdlich als Zeitzeuge in Schulen unterwegs.