Fußball Fußball: HFC-Präsident zieht überraschend kritische Bilanz

Halle (Saale)/MZ. - Der Hallesche FC hat ungewöhnlich erfolgreiche Monate hinter sich. Den Aufstiegen von erster und zweiter Mannschaft folgten Bilderbuchstarts in die neuen Ligen. Eine Traumsituation für den HFC also?
Präsident Michael Schädlich tritt auf die Euphoriebremse. Er sieht bei aller positiven Entwicklung nämlich auch Sorgenbereiche. Eine Bestandsaufnahme des Vereinschefs. Michael Schädlich über...
...den Drittliga-Kader:
"Wir sind mit einem kleinen, aber qualitativ hochwertigen und konkurrenzfähigen Kader in das Spieljahr gestartet. Dass unsere Einschätzung nicht falsch war, zeigen zwölf Punkte und der siebte Tabellenplatz nach acht Partien. Und angesichts der Langzeitausfälle solch wichtiger Spieler wie Sören Eismann und Pierre Becken und kürzerer Verletzungspausen wie bei Patrick Mouaya, Anton Müller oder Toni Lindenhahn kann ich vor der Mannschaft dafür nur den Hut ziehen.
Aber bei dieser angespannten Personallage schaden Undiszipliniertheiten wie die Rote Karte von Steven Ruprecht erst recht. Ein Spieler, der gern auf seine Zweitliga-Vergangenheit verweist, muss sich da einfach besser im Griff haben. Das habe ich dem Spieler auch deutlich gesagt. Zum Glück haben wir da ja unsere vier jungen Perspektivkader Dennis Carl, Maximilian Hecht, Kevin Zschimmer und Stephane Mvibudulu, die kurzfristig immer in die Bresche springen können. Insofern stehe ich voll hinter der Entscheidung von Trainer Sven Köhler, im Pokalspiel in Stendal Hecht einzuwechseln und den um seine Form ringenden Andis Shala draußen zu lassen. Die Arbeit mit den jungen Spielern ist Köhlers Strategie und die werden wir weiter durchsetzen."
...die Klub-Finanzen:
"Uns geht es nicht schlecht, aber wir schwimmen auch nicht im Geld. Die letzte Saison hat sehr viel gekostet. Ich sitze gerade über dem Jahresabschluss und wundere mich ständig über plötzlich auftauchende Kostenpunkte, die wir vorher so nicht auf der Rechnung hatten. Der Stadion-Neubau und unsere Ausweichauftritte in Leipzig und Halle-Neustadt wirken noch immer nach. Aber diese Posten sind beherrschbar.
Natürlich freuen wir uns riesig über die deutlich gestiegenen Zuschauereinnahmen in der neuen Spielzeit. Aber ich muss klar sagen, dass auch die Kosten enorm gestiegen sind. Um nur ein Beispiel zu nennen. Das von der Stadt beschlossene Verkehrskonzept bei Heimspielen mit mehreren stundenlang gesperrten Straßen kostet den HFC 30 000 bis 35 000 Euro pro Saison. Und von Posten dieser Größenordnung gibt es noch fünf, sechs andere."
...nicht mehr getätigte Neuverpflichtungen:
"Die zusätzlichen finanziellen Belastungen sind nicht der Grund dafür, dass wir keinen Spieler mehr verpflichtet haben. Das Geld für eine weitere Neuverpflichtung ist noch da. Das weiß auch Trainer Sven Köhler. Und wir waren beileibe nicht untätig. Unser Wunschkandidat war Selim Aydemir. Ihn kannten wir, ihn konnten wir einschätzen. Aber genau an dem Tag, als wir den Vertrag unterschreiben wollten, stand Zweitligist VfR Aalen beim Chemnitzer FC in der Tür und hat ihn uns vor der Nase weggeschnappt. Ich muss da nicht lange um den heißen Brei reden: Als CFC-Präsident wäre ich auch schwach geworden und hätte Aydemir an den besseren Bieter abgegeben. Bei der Verpflichtung eines Verteidigers sind wir finanziell an unsere Grenzen gestoßen, da konnten und wollten wir nicht mehr mitbieten. Ich finde es gar nicht so schlecht, dass wir damit in der zweiten Transferperiode im Januar noch eine Option haben."
...die U-23-Mannschaft:
"Trainer Carsten Hänsel und seine Mannschaft haben einen tollen Saisonstart abgeliefert. Mir ist es egal, ob sie am Ende Erster oder Vierter werden. Fakt ist: Sie können nach dem Aufstieg auch in der Oberliga bestehen. Das wiederum ist auch eine Wertschätzung der Arbeit von Trainer Hagen Schmidt in der Bundesliga der A-Junioren, denn immerhin acht Spieler aus dem letzten Jahrgang bestimmen nun das Niveau in der Oberliga der Männer mit. Und, wie gesagt, vier klopfen an die Tür zum Drittliga-Kader."
...das Sorgenkind A-Junioren: "Dass diese Mannschaft nach vier Spielen ohne Punkt am Tabellenende steht, kann ich nicht verstehen. Es hat mich jedenfalls schwer getroffen, als ich hörte, das eingefleischte Zuschauer der A-Junioren beim 0:5 gegen den Hamburger SV vorzeitig den Platz am Sandanger verlassen haben.
Die Erklärung für diese Entwicklung muss mir Trainer Hagen Schmidt liefern. Er hat dem Präsidium vor der Saison erklärt, dass er einen Kader habe, der vielleicht noch wettbewerbsfähiger sei als im Vorjahr. Wir investieren aktuell 15 000 Euro in Schmidts Ausbildung zum Fußball-Lehrer. Es kann doch wohl auch nicht in seinem Sinn sein, mit diesem Schein im nächsten Jahr wieder eine A-Junioren in der Regionalliga trainieren zu wollen. Die Entwicklung der letzten Jahre bis hin zum Drittliga-Team hat gezeigt, dass wir die Bundesliga in dieser Altersklasse brauchen."